Dienstag, 25. Juli 2017

#HEALTHYLIFESTYLE ?

Ein Blogbeitrag von Elena Ambatzidis und Tobias Bollig
 

Zunehmend mehr Menschen haben das Bedürfnis, einen gesunden Lifestyle zu verfolgen. #eatclean #fitness #livinghealthy und #bodygoals sind nur wenige „Hashtags“, die auf sozialen Medien wie Instagram Ideale mit der ganzen Welt teilen sollen. Hierunter finden sich Bilder von Männern mit breiten Schultern und Frauen mit Sixpack ebenso wie deren zubereitetes Essen. Dass hierbei nicht nur Gemüse mit viel Fleisch oder Fisch und Vollkornreis, sondern auch Proteinshakes und Tabletten auf dem Speiseplan stehen, ist beinahe selbstverständlich. „Low Carb“ ist hierbei die Devise. Diese Ernährungsform wird von den meisten Bodybuildern sowie den jungen Erwachsenen, die sich dem gesunden und hippen Lifestyle widmen, hoch geschätzt und auf den sozialen Netzwerken im Austausch mit anderen zelebriert. Was sich genau unter diesem Begriff verbirgt, soll nun erläutert werden:

Low Carb bedeutet wörtlich übersetzt zunächst „niedrige Kohlenhydrate“ und bezieht sich auf die reduzierte Aufnahme von Kohlenhydraten in einer Ernährung, welche automatisch mit einer höheren Zufuhr von Fett und Protein einhergeht. Diese beiden anderen Makronährstoffe müssen bei einer kohlenhydratarmen Ernährung deshalb erhöht werden, damit die Deckung des Energiebedarfs gewährleistet wird. Menschen, die dieses Ziel verfolgen, wollen dabei Muskelmasse auf- und überschüssiges Fett abbauen. Aus diesem Grund ist das Ernährungsprinzip des Low Carbs sowohl für Bodybuilder, als auch für Personen, die einfach abnehmen wollen, sehr beliebt.

Mit speziellen Diäten wird dieses Prinzip des Low Carbs sogar noch verstärkt. So soll beispielsweise während der Atkins-Diät die Kohlenhydratzufuhr derart drastisch gesenkt werden, dass lediglich wenige Gemüsesorten zu dem vielen Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten konsumiert werden darf. Selbst Obst ist bei dieser Ernährungsweise teilweise außen vor, da dieses zu viel Zucker und damit Kohlenhydrate enthält. Die Zielsetzung dieses Prinzips strebt eine sogenannte Ketose an. Dies beschreibt eine Hungererscheinung durch Erzeugung von Ketonen, die beim Fettabbau erzeugt werden und zu Appetitminderung führen. Angestrebt wird eine damit einhergehende Steigerung der Fettverbrennung aus körpereigenen Reserven, da Energie nicht aus Kohlenhydraten sondern aus Fett und Eiweiß gewonnen wird.

Vertiefend nachgelesen werden kann diese Ernährungsform im Vergleich mit anderen Diäten hier: https://www.body-attack.de/diaet.html
 
Vereinend finden sich auf den Fitnesshomepages vor allem der hohe Konsum von Proteinen und die leichte bis starke Reduktion von Kohlenhydraten, also eine Low Carb oder Zero Carb Ernährungsweise.

Risiken dieser einseitigen Ernährung können beispielsweise ein erhöhter Cholesterinspiegel durch fettiges Fleisch, Käse und Eier, ein Vitaminmangel durch fehlendes Obst und Getreide oder Nierenschäden, die nicht nur durch das in der Nahrung natürlich vorkommende Protein, sondern vor allem durch Ergänzung mittels Proteindrinks entstehen können, sein. 

Proteine gehören zusammen mit Fetten und Kohlenhydraten zu den sogenannten Makronährstoffen und dienen der Energiegewinnung. Die Menge jedes benötigten Makronährstoffes ist individuell, da der Bedarf von Alter, Größe, Gewicht sowie Aktivitätsgrad und zusätzlichem Sport abhängig ist. Hierfür gibt es spezielle Rechner, die einen solchen Bedarf ausrechnen. Wenn es einen der Leserinnen und Leser dieses Blogeintrags interessiert, wie viel Gramm man von welchem Makronährstoff benötigt, kann dies hier individuell berechnet werden:


Um die bisher auftauchenden Begriffe Proteine, Fette und Kohlenhydrate genauer zu erläutern, werden diese Makronährstoffe im Folgenden beschrieben.


Kohlenhydrate


Als Kohlenhydrate werden zahlreiche organische Verbindungen bezeichnet, deren chemischer Grundaufbau – CH2O – ist. Ein Hydrat bezeichnet eine Verbindung, die Wasser chemisch gebunden enthält, in diesem Fall mit einem Kohlenstoffatom. Kohlenhydrate bestehen im Wesentlichen aus Polysacchariden (Stärke, Glykogen, Ballaststoffe), Dextrinen (das Abbauprodukt von Stärke), Di- und Monosacchariden (Glucose, Fructose, Lactose). Zwei Drittel der Nahrungskohlenhydrate sollten in Form von Polysacchariden und das restliche Drittel kann in Form von Mono- und Disacchariden eingenommen werden.

Im Körper werden Kohlenhydrate ausschließlich in Form von Monosacchariden resorbiert. Dies bedeutet, dass die anderen Kohlenhydrate zuerst enzymatisch in Monosaccharide aufgespalten werden müssen. Durch die Pfortader gelangen diese in die Leber und dienen entweder gleich als Energielieferant oder werden als Energiespeicher in Form von Glykogen angelegt. Glykogen dient zur Blutzuckerregulation und kann außerdem in Muskeln als Energiereserve für körperlich-muskuläre Leistungen gespeichert werden. Ein hoher Glykogenanteil bedeutet demnach eine günstige Stoffwechselsituation in Form guter Voraussetzungen für eine schnelle Erholung nach Belastungen.



Fette


Das größte Energiedepot im menschlichen Körper bildet das Fett. Seine Masse variiert je nach Geschlecht und körperlicher Aktivität, stellt jedoch durchschnittlich 15-20% des Körpergewichtes bei Männern und 25% bei Frauen dar. Manche Bodybuilder streben einen Idealwert von 3-4% an, wie sie selbst auf ihren Social Media Seiten und Youtube-Videos berichten. Bedenklich bei diesem geringen Wert kann die wegfallende mechanische Schutzfunktion der inneren Organe, die für gewöhnlich eine wichtige Aufgabe des Fetts darstellt, sein.

Die Fettreserven im Körper werden, anders als Kohlenhydrate, erst bei längerfristigen körperlichen Betätigungen beansprucht. Gut trainierte Ausdauersportler können jedoch in der Lage sein, ihre Fette als gleichwertige Energiequelle zu nutzen um ihre vergleichsweise knappen Glykogenreserven zu schonen. Sie müssen bei ihrer Ernährung darauf achten, dass diese fettkontrollierte und kohlenhydratreich ausfällt, um ihre Glykogenreserven nicht zu mindern und somit günstige Voraussetzungen für die Energiegewinnung zu schaffen. Zusätzlich muss eine Sportlerernährung ein ausgewogenes Verhältnis zwischen gesättigten und ungesättigen Fettsäuren  schaffen.  Bei durchschnittlichen Essegewohnheiten überwiegen die gesättigten Fettsäuren, da diese vorwiegend aus Fleisch und fettreichen Molkereiprodukten stammen und die ungesättigten Fettsäuren über Pflanzenöle oder Fischgerichte dem Körper zugeführt werden. In einer gesunden Ernährung gelten ungesättigte Fettsäuren als gesünder, da diese essentiell sind und positive Eigenschaften wie beispielsweise Senkung des Blutdrucks und Verbesserung der Fließeigenschaft des Blutes mit ihnen einhergehen.



Proteine


Proteine bilden den Grundbaustein sämtlicher Lebewesen. Sie sind für den Aufbau von Abwehrkörpern, Enzymen und dem Hämoglobin zuständig und bilden das Strukturelement der Muskelfasern sowie die Gerüstsubstanz der Knochen, Sehnen und der Haut. Der Bestand an Proteinen unterliegt einem ständigen Auf- und Abbauprozess, der bei den meisten Menschen in einem Gleichgewicht ist. Durch die Nahrung muss dieses Gleichgewicht aufrechterhalten werden, da Proteine, wie alle Makronährstoffe, extern zugeführt werden müssen. Zusätzlich dienen sie als Energiequelle, wenn die Kohlenhydratvorräte erschöpft sind. Somit werden sie erst bei längerfristiger körperlicher Belastung hinzugezogen und machen hierbei einen Anteil von 5-15% aus. Proteine können, anders als Fette und Kohlenhydrate, nicht in einem Depot angelegt werden und liegen in Form von Struktur- und Enzymproteinen vor, die jedoch nicht so leicht verfügbar sind. Sie sind aus Polypeptidketten zusammengesetzt, deren Glieder aus 100 oder mehr Aminosäuren bestehen. 

Bei einer optimalen Versorgung von Proteinen werden die Muskel- und Bindegewebe weniger anfällig für Verletzungen und heilt in einem Falle dieser schneller. Ungefähr 12% der Energieaufnahme sollen aus Proteinen stammen. Hierbei variiert die Menge der täglichen Dosis jedoch vom Maß der körperlichen Betätigung. Ein normal aktiver Mensch sollte ca. 0,8 – 1g zu sich nehmen, während Kraftsportler bis zu 2g, teilweise sogar 4g, an Proteinen aufnehmen. Mengen die über die 2g hinausgehen, sind jedoch in Frag zu stellen.


Risiken


Um den Erhalt und den Aufbau von Haut, Haaren und Muskeln zu gewährleisten, muss der Mensch seinem Körper Proteine zuführen.
Eine erhöhte Proteinzufuhr ist bei sportlich aktiven Menschen obligatorisch. Muskeln sollen erhalten beziehungsweise trainiert werden. Je mehr trainiert wird, desto höher ist die Abnutzungsquote der Muskeln und damit die Menge an Protein, die der Körper zum Erhalt derer benötigt. Aus diesem Grund essen viele Bodybuilder oder Menschen, die sich selbst als gesund und sportlich bezeichnen oder dies zum Ziel haben, Lebensmittel mit viel Protein. Manche trinken sofort nach dem Workout einen Proteinshake oder essen einen Proteinriegel. Nicht selten hört man im Fitnessstudio „Ich muss auf meinen Bedarf kommen“.

Dass dies allerdings Gefahren mit sich bringt, ist vielen Verfechtern dieses Lebensstils häufig nicht bewusst. Durch die ständige überhöhte Aufnahme von Protein können insbesondere bei mangelnder Flüssigkeitszufuhr Nierenschäden entstehen. Eine Deckung des Proteinbedarfs mittels tierischer Quellen kann zugleich eine ungewollte Aufnahme von Fettsäuren, Purin  und Cholesterin bedeuten, was ebenfalls gesundheitsschädliche Folgen mit sich bringen kann. Werden neben Proteinshakes auch Mikronährstoffe durch Vitaminpräparate supplementiert, entstehen zudem Nebenwirkungen einer Überdosierung. Diese sind bei den fettlöslichen Vitaminen A, D, E und K erheblich gravierender als bei wasserlöslichen, da diese nicht einfach mit dem Urin ausgeschieden werden können, sollte eine erhöhte Aufnahme stattgefunden haben. Die hierdurch entstehenden Nebenwirkungen reichen von Übelkeit bis hin zu Herzrhythmusstörungen. Aus diesem Grund sollten Vitamin und Proteinpräparate wie Shakes und Tabletten nie ohne eine ärztliche Kontrolle eingenommen werden.

Häufig setzen Bodybuilder vor Contests ihrer Gesundheit Gefahren aus, da sie möglichst „trocken“ für Wettbewerbe aussehen möchten. Ziel ist die genaue Betrachtung und Beurteilung eines jeden Muskels. Hierzu geben sich die Teilnehmer solcher Wettbewerbe in Fitnessforen gegenseitig Tipps. Tagelanges Auslassen von richtigen Mahlzeiten oder eine extrem niedrige Flüssigkeitszufuhr soll eine Austrocknung bewirken. Um diesen Prozess zu beschleunigen, empfehlen manche Bodybuilder sogar die Einnahme von Abführmitteln, was extreme Nährstoffdefizite entstehen lassen kann. Wenn man einige Zeit nach solchen Methoden recherchiert (zum Beispiel „Pre-Contest Dehydration“, die Austrocknung vor Wettbewerben), findet man schnell Empfehlungen von Bodybuildern, die Tipps zum Abführen von Wasser aus dem Körper geben.

Viele solcher Menschen, die ein bestimmtes Idealbild erreichen wollen, verfolgen eine Art Zwang, ständig die für sie optimalen Trainingseinheiten und Nährstoffmengen aufzunehmen. Hiervon können sowohl Bodybuilder als auch Menschen mit Sportsucht bezeichnet sein, die den Fokus nicht auf Krafttraining, sondern auf Ausdauertraining setzen. 






Auf sozialen Netzwerken propagieren Reality-Stars mit Haarwuchs-Vitaminen, die wie Gummibärchen eingenommen werden können oder Entgiftungs-Tees, die zu einem gesunden und unbedenklichen Gewichtsverlust führen. Dass die Inhaltsstoffe solcher Tees eine abführende Wirkung und damit einen Nährstoffverlust für den Körper haben können, ist vielen nicht bewusst. Vor allem Teenager, die sich extrem durch diese Werbungen auf sozialen Netzwerken beeinflussen lassen, können ihren noch wachsenden Körpern hierdurch erhebliche Langzeitschäden zufügen. 

Quelle: https://www.truthinadvertising.org/exposure-without-disclosure-cashing-kardashians/

Quelle: http://www.inquisitr.com/2129874/kylie-jenner-teatox-diet/

Die letzten beiden Videos zeigen die extremsten Auswirkungen dieses Lebensstils auf Kinder und Jugendliche, die vor allem von ihren Eltern hinsichtlich Bodybuilding und Low-Carb-Diäten „gefördert“ werden.



Na, seid auch ihr schon Mitglied in der #bodygoals und #healthylifestyle community?

Nun seid ihr gefragt, habt ihr vielleicht sogar schon einmal selbst eine Diät im Low-Carb-Stil gemacht oder habt jemanden im Bekanntenkreis, der eines der oben genannten Ziele verfolgt? Kann man, auch im Hinblick auf die Gesundheitsförderung und Suchtprävention im späteren Beruf, vor solchen Gefahren, die die Sozialen Medien durch ihren enormen Einfluss auf Kinder und Jugendliche haben, überhaupt schützen? Wenn ja, wie könnte dies realisierbar sein?




Quellenangaben:

Atkins, R. (1982): Diät-Revolution : d.kalorienreiche Weg zu gesunder Schönheit. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag.
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (GDE) (2000): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Frankfurt am Main: Umschau/Braus.
Elmadfa, I. (2015): Ernährungslehre. Stuttgart: Ulmer.
Geiß, K.H., Hmm, M. (2000): Hamdbuch Sportler-Ernährung. Hemburg: Behr.
Unger, E. (1999): Handbuch für Kraftsport und Bodybuilding. Aachen: Meyer und Meyer. 

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