Mittwoch, 29. Dezember 2021

„If we are honest with ourselves, most of us will have to admit that we live out our lives in an ocean of fear.“ Jon Kabat-Zinn

Wie Meditation unser Gehirn beeinflusst

Angst, Sorge und das Gefühl von innerer Unruhe sind unsere alltäglichen Begleiter. Oft haben wir ein ungutes (Bauch-) Gefühl und kennen den Auslöser nicht. Es kommt vor, dass es vom „Alltagstrott“ überdeckt wird. Wir sind in Gedanken immer woanders, nicht im Hier und Jetzt, gestresst vom Leben der Sorgen und wir wissen meist nicht den Grund für unser Verhalten. Uns fehlt das Sorgenlose, der Weitblick, der Überblick. Das wäre anstrebenswert, doch es ist möglich: Weniger Stress und Sorge ist tatsächlich erlernbar durch Meditation!


Der Begriff Meditation und Achtsamkeit

„Meditation bezeichnet geistige Übungen, die darauf abzielen, heilsame geistige Gewohnheiten zu entwickeln und zu pflegen oder sich mit einer bestimmten Sichtweise oder Art, die Welt zu erleben, vertraut zu machen und diese zu verinnerlichen.“ (
1: S. 7) Man sollte dies regelmäßig praktizieren, sodass man mit diesen geistigen Übungen eine Verbesserung des Geistes und der Verbindung zu sich selbst feststellen kann. Denn die Einsicht in unser Sein kann man nur mit Übung entdecken (vgl. 1: S.2). Eine Art der Meditation ist beispielsweise die Achtsamkeitsmeditation, auch MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction) genannt (2). Achtsamkeit ist einerseits eine gute Methode, Stress zu reduzieren, andererseits hat es als Ziel, sich selbst besser kennenzulernen und sich mit seinem Körper und seiner Persönlichkeit auseinanderzusetzen. Jon Kabat-Zinn- der Begründer der modernen Achtsamkeit ist an dieser Stelle als wichtige Person zu nennen.

Abb. 1: The Big Five of Mindfulness (nach Nilsson & Kazemi 2016)
https://www.achtsamleben.at/was-ist-achtsamkeit/



Auswirkungen von Meditation

- Entspannung und Beruhigung

 Reduktion von Ängsten und Stress (vgl. 6)

- Beruhigung des Atems

- Besserer Umgang mit Stress, Depressionen, Schlafstörungen

- Senkung des hohen Blutdrucks

- Schmerztherapie (Schmerz verbunden mit Stresssymptomen) (vgl. 3)

- Verbesserung des Immunsystems (vgl. 7)

- Verbesserung der Aufmerksamkeit, der Achtsamkeit, Empathie

Dies sind Veränderungen, die man als Meditierende*r an sich selbst wahrnimmt. Natürlich können diese bemerkbaren Veränderungen Zufall, Werbung oder Placebo- Effekt sein, jedoch lässt sich dieser Wandel ebenso wissenschaftlich belegen bzw. anatomisch erkennen und somit die Wirkung von Meditation wissenschaftlich belegen.

 

Gehirnveränderung durch Meditation- Neuroplastizität

Durch das Erlernen von Meditation und Achtsamkeit wird, wie bei anderen Lernprozessen auch, die enorme Verformbarkeit (Plastizität) des Gehirns genutzt (vgl. 3). Mit Hilfe des dauerhaften und regelmäßigen Praktizierens der Übungen können sich bestimmte Gehirnareale dauerhaft verändern (vgl. 4). „Neuroplastizität“ ist der Fachterminus (vgl. 4). Einige Hirnforscher, darunter auch Hirnforscherin Britta Hölzel oder Sarah Lazar, untersuchten die neuronalen Mechanismen der Achtsamkeitsmeditation mit MRT und fMRT- Aufnahmen. (vgl. 5).
Mit Hilfe der bildgebenden Verfahren ist es möglich, Auswirkungen von Meditations- und Achtsamkeitstrainings innerhalb des Gehirns zu erforschen. Unter dieser Thematik kam es bei der Durchführung von Studien zu spannenden Erkenntnissen (vgl.
3):

Innerhalb der Studie untersuchte ein Forscherteam bestehend aus Wissenschaftlern der Universität Gießen, aus dem Massachusetts General Hospital und der Harvard Medical School in Boston, USA im Jahr 2011 Kernspinttomographieaufnahmen der Gehirne von 16 Studienteilnehmer*innen. Vor und nach einem achtwöchigen Achtsamkeits-basierten Stressreduktionskurs wurden Aufnahmen der Gehirne gemacht. Zum Vergleich wurden Kernspintaufnahmen von Kontrollpersonen herangezogen, die keine Meditation durchführten. Die Wissenschaftler stellten eine Zunahme der grauen Substanz im Hippocampus bei den Meditierenden fest. Dieser Teil des Gehirns unterstützt Lern- und Gedächtnisprozesse. „Weitere Analysen zeigten Zunahmen in Regionen, die für Selbstwahrnehmung und Mitgefühl zuständig sind “ (
8). Die von den Teilnehmenden „berichteten Verbesserungen im Stresserleben gingen mit einer Abnahme der Dichte der grauen Substanz in der Amygdala einher“ (8). Diese Studie belegt, dass bereits wenige Stunden (25) an Meditation ausreichen, um anatomische Veränderungen in der Gehirnregion festzustellen. Gehirnteile, die für Lern- und Gedächtnisprozesse, Selbstwahrnehmung, Gefühlssteuerung bzw. Stressreaktionen ausschlaggebend sind, verändern sich (vgl. 3).


Abb. 2: Zunahme der grauen Substanz durch Meditation
https://i0.wp.com/zen-suedpfalz.de/wp-content/uploads/2015/12/H%C3%B6lzel-Zunahme-graue-Masse.jpg

Ebenso bei einer Studie unter anderer Leitung wurden 50 erfahrene Meditierende mit einer mittleren Meditationserfahrung von ca. 20 Jahren mit einer geeigneten Kontrollgruppe verglichen. Es ergab sich ebenso die Feststellung der Veränderung im Hippocampus-Komplex (vgl. 3 und 9).

Sarah Lazar verglich 2005 Gehirne Meditierender mit Gehirnaufnahmen nicht-Meditierender. Im Jahr 2011 scannte sie die Gehirne von Meditationsanfängern und wiederholte dies, nachdem sie ein acht-wöchiges Meditationsprogramm teilnahmen. Pro Tag meditierten sie durchschnittlich 27 Minuten. Das Ergebnis gleicht den beiden bisher genannten Studien: Die Vermehrung der grauen Substanz. „Interessant war u.a., dass bei den fünfzig Jahre alten Langzeitmeditierenden der mittlere präfrontale Kortex noch dieselbe Größe besaß, wie bei fünfundzwanzigjährigen Nicht-Meditierenden. Das ist angesichts der generellen Abnahme der Größe des Kortex im Laufe des Älterwerdens erstaunlich und weist darauf hin, dass die natürliche Abnahme des Kortex an dieser Stelle durch Meditation aufgehalten werden kann.“ (10).


Die Studien belegen Folgendes:

Die graue Substanz ist als neuronale Schaltzentrale zu sehen und somit für viele neuronale Prozesse zuständig. Sinneswahrnehmungen, Erinnerungsvermögen, Muskelbewegungen, Entscheidungsfähigkeit und Selbstkontrolle lassen sich über diese steuern. Nimmt diese zu, ist es nur wahrscheinlich, dass die meditierende Person eine Verbesserung in diesen „Kategorien“ verspürt. Außerdem ist nachgewiesen, dass Meditation, durch die Bildung von grauer Substanz, kognitive Fähigkeiten verbessert und den Alterungsprozess verlangsamt, da keine Abnahme der Substanz erfolgt (vgl.
11).
Innerhalb der Amygdala sitzt das Angst- und Gefahrenzentrum, welches für Kampf- und Fluchtreaktionen und emotionale Zustände hoher Intensität verantwortlich ist. Da dieser Teil des Kortex herunterreguliert und verkleinert wird, stellen Meditierende eine Stress-Reduktion fest (vgl.
10).


Fazit

Meditation ist nicht nur ein stilles Herumsitzen, sondern es hat eine enorme Kraft und bewirkt einiges. Es gibt unzählige Nachweise für die positiven Veränderungen, die mit Meditation einhergehen und die Verbesserung der Lebensqualität- es ist nicht nur Einbildung. Also warum nicht einmal etwas Neues ausprobieren, dass solche positiven Effekte auf die Gesundheit und unsere Gedankenwelt hat und einen neuen Zugang zu unserem Selbst ermöglicht?

„Dying without actually fully living, without waking up to our lives while we have the chance, is an ongoing and significant risk.“ Jon Kabat-Zinn



 Habt ihr selbst vielleicht Erfahrung mit Meditation?
Was haltet ihr davon, mit Schüler*innen regelmäßige Meditationsübungen durchzuführen?

 


Vielleicht können euch auch diese Blogbeiträge auf neue Ideen bringen:

Meditationsarten:
https://gesundheitsfoerderungphl.blogspot.com/search?q=meditation

Yoga:
https://gesundheitsfoerderungphl.blogspot.com/2018/03/yoga-warum-eigentlich-dieser-hype-um.html


 Weiterführende Links:

Was ist Achtsamkeit?
https://www.achtsamleben.at/was-ist-achtsamkeit/

Zusammenfassung des in diesem Blog Beschriebenen und wie Meditation unser Gehirn verändert https://www.youtube.com/watch?v=m8rRzTtP7Tc

Wirkungen und Wirkmechanismen achtsamkeitsbasierter Meditation:
Entwicklung eines Modells über die durch buddhistische Meditation ausgelösten psychischen Veränderungen im Alltag (Dissertation)
https://monarch.qucosa.de/api/qucosa%3A20519/attachment/ATT-0/

Hirnforscherin Britta Hölzel über die Ergebnisse ihrer Forschungsarbeit
https://www.brittahoelzel.de/medien

 

 

Literaturverzeichnis/Quellenangabe:

1: Malinowski, P. (2019). Vielfalt Meditation. Ein Überblick über Meditations- und Achtsamkeitsübungen. Wiesbaden: Springer.
https://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2F978-3-658-24568-9.pdf

2: https://www.lernen.net/artikel/mbsr-achtsamkeitstraining-13963/

3: http://www.achtsamkeit-hd.de/ws_sept21_2.pdf

4: http://zen-suedpfalz.de/meditation/neuroplastizitaet-meditation-veraendert-gehirn/#:~:text=Meditation%20ver%C3%A4ndert%20das%20Gehirn%20%E2%80%93%20Neuroplastizit%C3%A4t%20Eine%20Reihe,dauerhaft%20ver%C3%A4ndern%20k%C3%B6nnen.%20Neuroplastizit%C3%A4t%20ist%20hier%20das%20Stichwort.

5: https://well.blogs.nytimes.com/2011/01/28/how-meditation-may-change-the-brain/?_r=0

6: https://www.lernen.net/artikel/mbsr-achtsamkeitstraining-13963/

7: https://www.verywellmind.com/what-is-meditation-2795927#toc-impact-of-meditation

8: http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2011/8118/pdf/SdF_2011_01_31_35.pdf

9: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3705194/

10: http://zen-suedpfalz.de/meditation/neuroplastizitaet-meditation-veraendert-gehirn/#:~:text=Meditation%20ver%C3%A4ndert%20das%20Gehirn%20%E2%80%93%20Neuroplastizit%C3%A4t%20Eine%20Reihe,dauerhaft%20ver%C3%A4ndern%20k%C3%B6nnen.%20Neuroplastizit%C3%A4t%20ist%20hier%20das%20Stichwort.

11: http://zen-suedpfalz.de/aus-den-medien/harvard-studie-meditation-erhoeht-konzentration-der-graue-substanz-im-gehirn/

 


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