Donnerstag, 3. Februar 2022

Der Einfluss der Mutter in der Schwangerschaft auf das Ungeborene

Der Säugling wird heutzutage als „kompetent“ gesehen und man ist sich bewusst, dass auch die ersten Erfahrungen schon wichtig für die folgende Entwicklung sind (Hüther/ Weser, 2020, S.51).

In diesem Beitrag widme ich mich der Frage, inwieweit ein ungeborenes Kind im Mutterleib fähig ist, wahrzunehmen und zu verarbeiten und welche Auswirkungen daraus für die Entwicklung nach der Geburt entstehen können. Dabei ziehe ich hauptsächlich das Buch „Das Geheimnis der ersten neun Monate - Reise ins Leben“ von Gerald Hüther und Ingeborg Weser zur Beantwortung heran. 


 

Die befruchtete Eizelle, die das väterliche und das mütterliche Genom enthält, legt lediglich ein Teil von möglichen Entwicklungen fest. Wie diese Anlagen sich ausprägen, in welchem Umfang sie die Reifung bestimmen, hängt von den Bedingungen ab, auf die die Zellen des Embryos in ihrer Entwicklung treffen. Die Bedingungen werden von der Mutter geschaffen (Hüther/ Weser, 2020, S.142). 

Einflussnehmende Faktoren können sein: 

- übermäßige Belastung vs. Unbeschwertheit,

- Rauchen, Alkohol, Medikamente, …

- Viel vs. wenig Bewegung,  

- Überernährung, Unterernährung (Hüther/ Weser, 2020, S.142)

 

Im Folgenden wird die Ernährung der Mutter und ihre Wirkung auf das Kind näher betrachtet. Das Fruchtwasser kann verschiedene Geschmackrichtungen annehmen, je nach Ernährungsweise der Mutter. Da das Ungeborene das Fruchtwasser trinkt, kann es verschiedene Geschmacksrichtungen schon im Mutterleib wahrnehmen (S.93).

Dass dadurch eine Prägung entsteht, wurde an Neugeborenen getestet. Das hierzu durchgeführte Experiment startete schon in der Schwangerschaft. Die Mütter wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe aß Anis und die andere Gruppe sollte es gänzlich meiden. Als die Babys auf der Welt waren, wurde allen ein Wattestäbchen mit Anis zum Riechen vor die Nase gehalten. Dabei war zu beobachten, dass die Babys deren Mütter während der Schwangerschaft Anis aßen positiv darauf reagierten. Die Babys der Mütter, die kein Anis aßen, reagierten darauf nicht. Gleiches wäre auch mit Knoblauch zu beobachten (Hüther/ Weser, 2020, S.93).

Es ist also bekannt, dass die Ernährungsweise der Mutter die geschmackliche Vorliebe des Babys beeinflusst (Hüther/ Weser, 2020, S.93).

Die Sinne des Ungeborenen haben also schon die Fähigkeit wahrnehmen zu können. Sie machen sich dadurch mit der Ernährung der Mutter vertraut (Bartsch, S. et al., 2013 S.85). Außerdem zeigen sie dort auch eine Vorliebe für süßes Fruchtwasser- sie trinken mehr als bei bitterem (Hüther/ Weser, 2020, S.93). 

Welche Bedeutung hat dies? 

Biologisch kann dies wie folgt erklärt werden. Das „Vertraut machen“ mit den Duft- und Geschmacksstoffen im Mutterleib ermöglicht es dem Neugeborenen nach der Geburt, seine Mutter zu erkennen. Die Muttermilch und die Brustwarzen-Pheromone haben einen Geruch und Geschmack, der auch im Fruchtwasser enthalten ist. Somit wird dem Baby in der sehr fremden Welt eine Sicherheit vermittelt (Hüther/ Weser, 2020, S.94).

 

Als letztes folgt ein Exkurs der Thematik mit einem Blick auf die Schwangerschaft von Tieren, hauptsächlich Ratten. 

Schwangere Ratten wurden beobachtet, als sie sich ausweglosen Situationen und körperlicher Anstrengung während einer Schwangerschaft unterziehen mussten. Diese Beobachtung brachte die Forscher zu dem Ergebnis, dass die Belastung der Mütter dafür sorgte, dass das Bedingungsgefüge im Mutterleib verändert wird. Für die Embryonen bedeutet dies, dass sie in einer Umgebung heranwachsen müssen, deren Beschaffenheit nicht artgemäß sind (Hüther/ Weser, 2020, S.145). Wenn dem Embryo die Anpassung gelingt, die Bedingungen also nicht zu extrem sind, überlebt er und ist somit auf das Leben nach der Geburt vorbereitet. Sowohl das Gehirn als auch die Regelmechanismen sind anders verschaltet (Hüther/ Weser, 2020, S.146).

Wenn die Abweichung aber so groß ist, dass dem Embryo die Anpassung nicht mehr gelingt, dann stirbt es im Mutterleib (Hüther/ Weser, 2020, S.145). 

Nun muss dabei dringend beachtet werden, dass dies nicht einfach so auf den Menschen übertragen werden kann. Ratten haben ein ganz anders aufgebautes Gehirn, im Vergleich zum menschlichen, ist es weniger komplex. Auch Verhaltensweisen sind bei Ratten überwiegend angeboren, wobei Menschen im Gegensatz dazu vieles erlernen müssen und dabei die Umgebung ausschlaggebend ist (Hüther/ Weser, 2020, S.150f).

 

Somit komme ich zu der Erkenntnis, dass ein ungeborenes Kind, durchaus die Fähigkeit hat im Mutterleib wahrzunehmen und zu verarbeiten. Aus mütterlicher Sicht ist es deshalb wichtig, auf die Ernährung und auch die Belastung zu achten. Beide Faktoren sollten in der Schwangerschaft keine Extremen annehmen, um dem Kind nicht nachhaltig zu schaden. Eine positive Auswirkung der Wahrnehmungs- und Verarbeitungsfähigkeit kann beispielsweise sein, dass dem Baby der Übergang aus dem Mutterleib erleichtert wird. 

 

Was ist für euch Neu? Habt ihr es schon gewusst? Hattet ihr andere Erkenntnisse?

Erzählt gerne von euren Gedanken. 

 

Ich freue mich über den Austausch mit euch unter meinem Beitrag!

 

Liebe Grüße 

Joanna



Quellen:

Hüther, Gerald/ Weser,Ingeborg: Das Geheimnis der ersten neun Monate. Reise ins Leben. 5.Auflage Beltz Weinheim 2020.

 

Bartsch, S. et al.: Ernährungsbildung. Standort und Perspektiven. Ernährungs-Umschau, 61(2), 2013.

 

Bild: 

https://www.tagesspiegel.de/wissen/schwangerschaft-vorsorge-in-der-fruchtblase/1480746.html (Zugriff am 01.02.2022)


9 Kommentare:

  1. Hallo Joanna,
    zuerst einmal finde ich deinen Blogbeitrag sehr interessant und verständlich. Das die Ernährungsweise der Mutter die geschmacklichen Vorlieben des Kindes schon im Mutterleib beeinflussen kann, war mir neu. Jedoch habe ich schon öfter davon gehört das Embryos im Mutterleib bereits Geräusche aus der Außenwelt wahrnehmen können und diese dann nach der Geburt ebenso positiv auf den Säugling wirken können, zum Beispiel eine Spieluhr die den Säugling dann später beruhigen kann.

    Liebe Grüße
    Lara

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. So ähnlich wie die Prägung mit den Geräuschen ist es ja auch mit dem Geschmack. Es scheint ja so, dass viele Erfahrungen dafür da sind, dass sich das Baby an seine zukünftige Umgebung gewöhnt. Also nimmt es Gerüche und Geräusche wahr, die mit der Mutter in Verbindungen stehen. Dabei ist es natürlich wichtig, dass die Erfahrung noch als angenehm empfunden wird und kein Trauma darstellt.
      Eine sehr gute Anpassung!

      Löschen
  2. Ein Thema das für einige von uns bestimmt noch an Relevanz gewinnt…
    Der Aspekt mit der Übertragung von Vorlieben durch Konsum bestimmter Lebensmittel war mir tatsächlich neu. Ich und auch andere Leser*innen werden sofort dazu verleitet Gemeinsamkeit, in Vorlieben gewisser Lebensmitteln, mit unseren Müttern zu suchen. Dabei spielen aber viele andere Faktoren mit ein, wie z.B. die Gewohnheit, was man dem Kleinkind fütterte und nicht zuletzt negative und Positive Vorerfahrungen mit gewissen Lebensmitteln. Aus diesem Grund wurde schließlich auch an Babys geforscht und nicht an z.B. Jugendlichen… Ich z.B. mag gerne Knoblauch, genauso wie meine Mutter, welche in der Schwangerschaft gewiss nicht darauf verzichtete. Um aber einen Zusammenhang mit den von dir genannten Erkenntnissen herzustellen ist es längst zu spät. Trotzdem macht es spaß sich dazu einmal Gedanken zu machen.

    Wie ist das bei dir? Hast du auch mögliche Zusammenhänge in deiner Ernährungsweise finden können?
    Gruß Paul

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich kann auch nur Prägung erkennen, die nach der Geburt stattgefunden haben. Meine Eltern essen beide sehr gerne und viel Salat und dies habe ich auch. Es schmeckt mir einfach sehr gut, ohne hier in dem Kurs zum Thema Gesundheitsförderung gut da stehen zu wollen;) Aber das wird eher die Gewohnheit mit dem Zusammenhang der positiven Erfahrungen sein.

      Löschen
    2. (Dies ist der vollständige Kommentar)
      Genau, die stärkste Prägung erfahren wir nicht im Mutterleib, sondern danach, wenn wir andere beim Essen sehen und auch besonders das was uns gefüttert wird. Bei der beschrieben Prägung stellt sich ja heraus, dass die Nahrung während der Schwangerschaft dafür da ist, dass dem Neugeborenen der Übergang erleichtert wird und es sich wohlfühlt.

      Ich kann auch nur Prägung erkennen, die nach der Geburt stattgefunden haben. Meine Eltern essen beide sehr gerne und viel Salat und dies habe ich auch. Es schmeckt mir einfach sehr gut, ohne hier in dem Kurs zum Thema Gesundheitsförderung gut da stehen zu wollen;) Aber das wird eher die Gewohnheit mit dem Zusammenhang der positiven Erfahrungen sein.

      Löschen
  3. Hallo Joanna,
    da diese Thematik schon in der 11. Sitzung (Ernährungsbildung im Kindes - und Jugendalter) angesprochen wurde und mich schon damals sehr interessiert hat, freute es mich umso mehr hier eine komplexere Ausführung über die Einflüsse der Mutter während der Schwangerschaft lesen zu dürfen. Da uns diese Thematik vermutlich allen, früher oder später begegnen wird, finde ich es wichtig, dass auch ein Großteil der Bevölkerung von ihr erfährt. Denn klar, dass Alkohol und Zigaretten dem Ungeborenen während der Schwangerschaft schaden das weiß eigentlich jeder. Aber das es auch noch andere Einflüsse gibt, welche die Mutter zum Beispiel durch ihre Ernährung gezielt steuern kann, davon wissen nur die Wenigsten. Denkst du, dass diese Thematik für Schwangere in Zukunft noch relevanter wird ?

    LG Moritz

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich denke, dabei eher an mich.
      Wie es sich in der Gesellschaft entwickelt, kann ich mir nicht vorstellen, da das auch schon seit ein paar Jahren bekannt ist. (Die erste Auflage des Buches ist von 2015)
      Ich kann mir vorstellen Nahrungsmittel zu essen, die auch für mich beim Essen einen wohltuenden Geruch haben. Um das nach der Geburt als Unterstützung zur Beruhigung zu nutzen. Also ein „good-to-know“ für werdende Eltern um unruhige Phasen des Neugeborenen zu unterstützen.

      Es ist im Vergleich zum Rauchen oder Alkohol trinken eine harmlose Prägung bzw. eine positive, die man als Mutter nutzen kann (wie ich es oben beschrieben habe).

      Ich kann mir vorstellen, dass es immer mehr Erkenntnisse über die Wirkung der Mutter auf ihr Ungeborenes geben wird. Und dabei dann auch wichtige Verhaltens- und Ernährungsregeln dabei sind

      Löschen
  4. Liebe Joanna,

    wie interessant, ich hatte davon zwar schon gehört, das Experiment mit Anis kannte ich aber noch nicht - da wird mir gleich einiges klar wenn ich an meine Vorlieben als Kind denke und diese mit Erzählungen meiner Mutter abgleich.

    Ich kenne dafür Untersuchungen dazu welche Essgewohnheiten von Schwangeren mit der eigenen körperlichen Gesundheit während der Schwangerschaft sowie der Gesundheit von Säuglingen in Zusammenhang stehen.

    Studien (u.a. von Shakila Thangaratinam und Forscherteam der Queen Mary University of London) zeigten dabei, dass die mediterrane Ernährungsweise in der Schwangerschaft einen positiven  Einfluss auf das Geburtsgewicht, Plazentagewicht und das Kindliche Wachstum hat und soll zudem das Risikos für Frühgeburten senken. Der Konsum von Fisch und Meeresfrüchten war laut diesen Untersuchungen mit verbesserter neurologischer Entwicklung und verbessertem Sehvermögen verbunden. Zudem soll diese Ernährung das Risiko für Asthma und Allergieen senken.

    Sicher ein Thema bei dem es sich lohnt, sich weiter damit zu beschäftigen.

    LG Xenia

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Vielen Dank für deinen Hinweis zu der Studie! Ich habe mir gerade einen kurzen Text über die Studie durchgelesen. Die Erkenntnisse aus der Studie klingen sehr vielversprechend. Für das Kind sowie die Mutter kommen dadurch gesundheitsförderliche Faktoren hinzu und Risikofaktoren werden ihnen genommen. Dass ist schon beeindruckend und müsste publik gemacht werden.
      Für die Mutter bedeutet dies sich jedoch konsequent gesund zu ernähren. Die Nahrungsmittel die bei der mediterranen Ernährung gegessen werden, sind meiner Ansicht nach auch sehr ähnlich zu den Empfehlungen für eine gesunde Ernährung in Deutschland.
      Viel Obst, Gemüse, natives Olivenöl, Nüsse, Hülsenfrüchte, Meeresfrüchte, nicht raffiniertes Getreide (enthält also alle seine Bestandteile),…
      Dies ist auch für nicht Schwangere und Männer gesund.
      Dennoch ist es erstaunlich, dass die Ernährung das Gewicht der Mutter und des Kindes beeinflusst, sowie das Diabetesrisiko der Mutter senkt und damit wiederum Schwangerschaftskomplikationen verringert.

      Dies war meine Quelle:
      https://de.oliveoiltimes.com/health-news/study-suggests-mediterranean-diet-benefits-pregnant-women/68824

      Löschen