Donnerstag, 3. Februar 2022

Rauchen als Stresskiller - Alles nur ein Mythos?

Rauchen als Stresskiller – Alles nur ein Mythos? 

Fragt man einen Raucher, warum er oder sie raucht, werden viele wie folgt antworten: „Weil es gegen Stress hilft:“ 

Der Griff zur Zigarette bei Stress scheint für Raucher die Lösung zu sein. Das in Ihr enthaltene Nikotin kommt natürlich in der Tabakpflanze vor und ist nur eine von 4800 Substanzen die in der Zigarette enthalten sind. Es zählt zu den Substanzen mit dem höchsten Suchtpotenzial und ist Grund für die Abhängigkeit nach Tabakwaren. Nach dem Inhalieren des Tabakrauchs erreicht das Nikotin bereits nach 10 bis 20 Sekunden, über Schleimhäute und Blutgefäße in der Mundhöhle, das Gehirn wo es seine Wirkung entfaltet.

Abbildung 1


Wie wirkt Nikotin? 

Nikotin wirkt in niedrigen Dosen, wie Acetylcholin, durch Depolarisation der postsynaptischen Membranen ganglienerregend, in höheren Dosen infolge einer Rezeptoren-Desensibilisierung ganglienblockierend. Es bindet sich im Nervensystem an Acetylcholinrezeptoren wodurch diese aktiviert werden. Acetylcholinrezeptoren befinden sich vor allem an den motorischen Endplatten, wo Signale von Nervenzellen an Muskeln weitergegeben werden. Unter anderem sitzen sie auf den nachgeschalteten Nervenzellen von Parasympatikus und Sympatikus. Da Nikotin ähnlich wie der eigentliche Botenstoff Acetylcholin wirkt, stört es hier wichtige Funktionen. Durch die Aktivierung des Parasympatikus kommt es zu einer Steigerung der Magensaftproduktion, somit wird die Verdauung angeregt. Durch die Aktivierung des Sympatikus wird Adrenalin freigesetzt und somit die Herzfrequenz und der Abbau von Fetten und Glykogen gesteigert. Die aufgenommene Nahrung kann schneller verstoffwechselt werden. Außerdem wirkt Nikotin auf das „Brechzentrum“, der Appetit wird vermindert und Raucher/innen verspüren schnell Übelkeit. 

 Durch die Aktivierung der Rezeptoren werden zudem Vasopressin, Noradrenalin und Serotonin, Cortisol, sowie Dopamin ausgestoßen. Letzteres sorgt für die Aktivierung des Belohnungssystems und damit einhergehend für ein beruhigendes Wohlgefühl im Körper.

Außerdem werden durch die Aufnahme von Nikotin Hirnareale angeregt, die die Aufmerksamkeitsleistung steigern und uns wacher fühlen lassen. Die rauchende Person verspürt eine Art Glücksgefühl, dass sie mit der Zigarette in Verbindung bringt. 

 Dieser Teil klingt doch beim ersten Lesen ganz positiv oder? Doch was passiert danach? 

 Nachdem das Nikotin seine Wirkung gezeigt hat, wird es über die Leber abgebaut, indem es zu Cotinin oxidiert. Danach wird es über die Blase ausgestoßen. Dieser Vorgang benötigt ca. 2 Stunden.

 Nach ein bis zwei Stunden greifen die meisten Raucher zu ihrer nächsten Zigarette, denn hier beginnt der Teufelskreislauf.


Warum spricht man beim Rauchen von einem Teufelskreislauf? 

 Durch die ständige Zufuhr des hochwirksamen Zellgifts vermehren sich die Rezeptoren im Gehirn und wollen mit Nachschub versorgt werden. Es kommt zu einer Toleranzentwicklung, somit muss mehr Nikotin konsumiert werden, um eine gleichbleibende Wirkung zu erzielen. Das Verlangen nach Zigaretten wird unterschwellig erzeugt und durch die immer kürzer werdenden Reiz-Reaktions-Intervalle zu einer immer stärkeren Sucht. Wird dem Körper jetzt kein Nikotin zugeführt kommt es zu Entzugserscheinungen wie Gereiztheit, Unruhe und Konzentrationsproblemen. Diese werden von Raucher/innen als Stress empfunden, welcher beim Rauchen einer weiteren Zigarette verschwindet. Somit unterliegen Raucher/innen dem Mythos, dass rauchen entspannt und gegen Stress hilft. Es kommt aber nur durch den Mangelzustand im Körper zu psychischem Stress, also dem Symptom, dass der Raucher/ die Raucherin mit der Zigarette versucht zu bekämpfen. Forschungsergebnisse aus dem Vereinigten Königreich haben sogar gezeigt, dass Raucher/innen durch Zigaretten den gleichen niedrigen Stresspegel erreichen, den Nichtraucher/innen ohne Zigaretten permanent besitzen. Folglich wird das Stressniveau durch den Konsum von Zigaretten erhöht statt vermindert. 

Abbildung 2


Durch den oben beschriebenen Teufelskreislauf ist es für Raucher/Raucherinnen nur sehr schwer mit dem konsumieren aufzuhören. Die Acetylcholin-Rezeptoren benötigen circa drei Wochen, bis sie wieder ihr Normal-Niveau erreicht haben, in dieser Zeit sind die Entzugserscheinungen am Höchsten und die Rauchentwöhnung somit am Schwierigsten.


Fazit: 

Abschließend lässt sich sagen, das Rauchen von Zigaretten bewirkt zwar vieles im menschlichen Körper, wer gestresst ist sollte jedoch die Finger von der Zigarette lassen um weiteren unnötigen Stress, ausgelöst durch das Nikotin, zu vermeiden. Stattdessen können als Stresskiller Sport, genügend Schlaf, progressive Muskelentspannung oder einfach eine Auszeit mit einer Tasse Tee oder einem Entspannungsbad dienen.


Textquellen:

 Geisslinger/ Menzel/ Gudermann/ Hinz/ Ruth (2019), Mutschler Arzneimittelwirkungen, 11. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart

 https://www.youtube.com/watch?v=9RLP2aUX-lI

 https://www.alphega-apotheken.de/Herz-Kreislauf-Gesundheit/Endlich-rauchfrei

 https://cordis.europa.eu/article/id/35417-stop-smoking-and-reduce-your-anxiety/de

 https://www.dkfz.de/de/rauchertelefon/Nikotin_Wirkung.html

 https://www.nu3.de/blogs/health/stress#stress-05 

https://www.chemie.de/lexikon/Nikotin.html

 https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-az/r/rauchen.html#:~:text=In%20Deutschland%20rauchen%20insgesamt%2023,in%20der %20Raucherquote%20zu%20beobachten. 

Bildquellen: 

Abbildung 1: https://kinder.wdr.de/radio/kiraka/hoeren/herzfunk/herzfunk-rauchen-102.html 

Abbildung 2: https://www.nichtraucherhelden.de/magazine/tipps-gegenentzugserscheinungen-beim-rauchen-wie-schlimm-sind-sie-wirklich-41 


Autorin: Lara Friebel

8 Kommentare:

  1. Ein wohl immer aktuelles Thema in fast allen Altersklassen!
    Den Spruch: „Ich brauche jetzt erstmal eine Zigarette“ höre ich regelmäßig, und ich kann jedes Mal bloß den Kopf schütteln. Oftmals habe ich das Gefühl die Rauchenden sind im Thema Nikotin und seine Wirkungen völlig unaufgeklärt. Denn wie du erwähnt hattest, verhält es sich ja so, dass Zigaretten zumeist bloß den durch die Sucht aufgebauten Stress mildern. Vor dem Hintergrund des Teufelskreislaufes und den stetig steigenden Preisen der Zigarettenschachteln rechne ich allerdings mit einem Rückgang an Rauchenden. Rauchen wird aber oftmals, besonders bei Minderjährigen, als cool oder später auch stilvoll angesehen…

    Hast du Ideen wie man diesen Ansichten im Unterricht entgegenwirken kann? Oder ist das überhaupt heutzutage noch nötig?
    Ich freue mich auf deine Ideen,
    Gruß Paul

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    1. Hallo Paul,
      ich denke es ist auch heute noch wichtig darüber im Unterricht aufzuklären. Es rauchen zwar prozentuell weniger Jugendliche als vor ein paar Jahren, jedoch kommt es immer noch vor und ich denke, dass lässt sich auch nicht komplett verhindern. Jedoch gibt es durchaus Möglichkeiten, die Schüler*innen vor dem Zigarettenkonsum zu warnen. Eine Idee hierfür wäre eine Drogenprävention, bei der man zum Beispiel auch noch andere Drogen behandeln könnte. Man kann den Schüler*innen mit Filmbeispielen zeigen wie Nikotin und andere Drogen im Körper wirken und was sie mit uns machen. Da die Langzeitfolgen vielen Minderjährigen beim Beginn des Konsums nicht klar sind, denke ich, dass man hiermit viel erreichen könnte. Zum Anderen sind auch ehemalige Konsumenten eine gute Idee, sie können vor der Klasse von ihren persönlichen Erfahrungen berichten, dadurch wirkt es für die Schüler*innen oftmals nochmals realer.

      Liebe Grüße
      Lara

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  2. Dank diesem Beitrag habe ich nun auch mal den Ablauf im Körper verstehen können! Darüber habe ich mich zuvor noch nicht informiert.

    Ich sehe es auch sehr ähnlich, wie es Paul schon beschrieben hat.
    Als Nicht-Raucher kann ich es auch nicht nachvollziehen, wieso das Rauchen immer noch so attraktiv ist. Es ist teuer, schadet dem Körper und benötigt sehr viel Zeit.
    Den Punkt die Zigarette als Stresshemmer zu benutzen finde ich auch nicht nachvollziehbar. Einerseits gibt es, wie im Beitrag von Lara beschrieben günstigere und gesündere Alternativen und andererseits auch viel Schönere, die die Psyche stärken und damit auch den Stress besser aushaltbar machen, ohne eine Sucht zu entwickeln.

    Im Unterricht kann man die körperliche Reaktion im Körper thematisieren, aber wichtig ist es vielleicht auch den Kindern Möglichkeiten zu geben, in denen sie den Schul- und Familienstress abbauen können, durch einfache sportliche Aktivitäten, Rätseln, Malen, … Dinge die jeder schnell, einfach und günstig zur Hand hat.

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    1. Hallo Joanna,

      deine Ansatz, den Kindern eine Möglichkeit zum Stressabbau zu bieten finde ich sehr gut. Man sollte immer im Auge haben, was der Auslöser ist und auf jedes Kind individuell eingehen, um es so vor einer Nikotinabhängigkeit zu bewahren.

      Liebe Grüße
      Lara

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  3. Hallo Lara,
    vielen Dank für diesen interessanten Beitrag. Da ich viele Menschen im Freundeskreis habe die rauchen, hat mich diese Thematik besonders interessiert. Ich als Nichtraucher kann das Gefühl vor, während oder nach dem Rauchen natürlich nicht nachvollziehen, da ich es nie erlebt habe und auch nie erleben will. Die Wirkung von Nikotin im Körper war mir zwar schon vorher bekannt, doch die Frage, warum das Ganze so großes Suchtpotenzial hat und warum man in dem sogenannten „Teufelskreis“ landet, hätte ich vor dem Lesen deines Beitrages nicht so präzise beantworten können. Was mich auch wirklich erstaunt hat, war die Tatsache, dass Raucher:innen durch Nikotin den selben niedrigen Stresspegel erreichen, den Nichtraucher dauerhaft besitzen. Ich selbst bin immer davon ausgegangen, dass Nikotin den Körper auf einen noch niedrigeren Stresspegel bringt, welcher von Nichtraucher:innen garnicht so erreicht werden könnte.
    Letztendlich hat mir dieser Beitrag viele neue Informationen zum Thema Rauchen beschert. Diese werde ich vielleicht sogar als Argumente in einer Diskussion, mit den Raucher:innen in meinem Freundeskreis anwenden können. Schlussendlich stellt sich mir die Frage, was wohl der beste Weg sei, Menschen vom Rauchen fernzuhalten. Denkst du es reicht, wenn man die Preise für Zigaretten immer mehr in die Höhe treibt, oder müssen andere Lösungen her ?

    LG Moritz

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    1. Hallo Moritz,

      ich denke es reicht nicht nur die Preise für Zigaretten in die Höhe zu treiben. Ein/e Abhängige/r wird immer eine Lösung finden wie er/sie trotzdem zum Nikotin kommt, im härtesten Fall wird er/sie das Geld dafür an anderer Stelle einsparen. Die meisten Menschen verzichten ja auch nicht auf das Auto fahren, wenn die Spritpreise steigen. Daher müssen vermutlich andere Lösungen her und meiner Meinung nach muss den Konsumenten mehr bewusst gemacht werden was die Folgen sind, damit sie für sich selbst entscheiden können, das sie sich diese nicht mehr zufügen wollen. Denn durch Fremdbestimmung hört kaum ein Raucher mit dem rauchen auf, er muss es aus eigenem Willen und Überzeugung wollen.

      Liebe Grüße
      Lara

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  4. Hallo Lara,

    Super, dass du so kurz und verständlich erklärt hast wie Nikotin im menschlichen Körper wirkt -  so genau wusste ich das noch nicht. Jetzt kann ich auch viel besser verstehen warum Raucher sich so verhalten wie sie es tun und woher ihre Rechtfertigung "das hilft halt gegen den Stress" kommt. Wie Schockierend, dass Raucher aber erst durch die Zigarette den Stresspegel (bzw. Ruhepegel) erreichen den Nichtraucher durchgängig haben - das war auch neu für mich. Deine alternativ genannten Stresskiller wie Sport, Schlaf, progressive Muskelentspannung usw. klingen da doch wesentlich verlockender.

    Was meiner Meinung nach aber nicht unterschätzt werden darf, ist die soziale Komponente am Rauchen. Denke ich an meine Kollegen bei der Arbeit, so glaube ich, dass sie auch den Austausch miteinander in den Raucherpausen als etlastend und stressregulierend empfinden, dies ergänzt vermutlich die körperlichen Symptome.

    Was mich noch interessieren würde wäre, warum manche Menschen schneller in den Teufelskreis geraten und eine Sucht entwickeln, während es für andere kein Problem ist z.B an einer Party zu rauchen und es dann auch mal wieder ein paar Wochen zu lassen.

    LG Xenia

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  5. Hallo Lara,
    Nach jeder Spätschicht stehen meine rauchenden Kolleg*innen vor dem Supermarkt und rauchen ihre zwei Zigaretten. Neuliche sagte meine Chefin: " Erst mal den ganzen Stress und Ärger wegrauchen, bevor es nach Hause geht." Bisher wusste ich nicht, dass Raucher*innen im Endeffekt mehr gestresst sind, als Nichtraucher. Wobei der Stress nach der nächsten Zigarette und die Diskussionen um die Raucherpausen mir schon bekannt sind. Ich denke auch, wie Paul bereits sagte, dass viele Raucher sich der Wirkung von Nikotin nicht bewusst sind. Besonders auch Jugendliche, die Zigaretten aus Coolness und Gruppenzwang ausprobieren. Was mir jedoch bei den vorherigen Kommentaren gefehlt hat, ist das Thematisieren der Sucht. Natürlich greifen die meisten in der Regel freiwillig zur Zigarette und wissen auch, dass diese abhängig machen können. Allerding denke ich ist für Raucher*innen eine Zigarette mehr als Stressabbau. Es ist auch das Rausgehen, einen Moment nur für sich haben und durchatmen. Wenn der Körper dies einfordert, nimmt man sich diese Zigarettenpause auch. Ich habe selbst noch nie geraucht und möchte es auch nie ausprobieren. Ich kann jedoch nicht sagen, dass mich das Raucherverhalten nicht irgendwo fasziniert. Was ich für mich daraus gezogen habe, ist auch aktiv kleine Pausen in meinen Tag einzubauen. Ich steh dann gerade an Tagen, an denen ich viel am Schreibtisch sitze, allerding ohne Zigarette auf dem Balkon und atme dort ein paar Mal bewusst ein und aus, weil mir die kurze Pause gut tut.

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