Donnerstag, 3. Februar 2022

Stressregulation und -bewältigung durch Achtsamkeit

 

Erarbeitet von Janine Kornmeier und Julia Haug

 

Herkunft und Bedeutung von Stress

In der heutigen Gesellschaft ist Stress kein Fremdwort. Laut WHO ist Stress die größte Bedrohung dieses Jahrhunderts. Wenn sich der Körper in einer akuten Gefahrensituation befindet, reagiert er mit Stress. Das bedeutet, dass sich der Körper instinktiv auf die Situation einstellt, indem die Flucht- und Kampfbereitschaft aktiviert wird. Eine weitere Reaktion ist das kurzzeitige Herabsenken von Körperprozessen, die nicht lebensnotwendig sind, wie das Wachstum, die Verdauung oder das Immunsystem. Stress ist demnach eine hilfreiche Reaktion auf eine akute Bedrohung und somit nicht zwingend schädlich. Hält ein Stresszustand jedoch dauerhaft an, kann dies zu chronischem Stress führen. Dieser führt wiederum zu weiteren Symptomen wie Depressionen, Diabetes, Verspannungen, Burn-out etc. 

 

Die Ursachen und Auswirkungen von Stress 

Doch was sind eigentlich die Ursachen von Stress? Stress kann sehr viele Ursachen haben, die oft mit Mangelerscheinungen oder Überkonsumverhalten auftreten. 

Als Stressursachen zählen:

  • ungesunde Ernährung
  • Bewegungsmangel
  • Schlafmangel
  • Leistungsdruck/ Bewertungsangst
  • Lärm
  • zu wenig Ruhe bzw. Entspannung
  • unverarbeitete traumatische Erfahrungen
  • Mangel an Liebe und Zuwendung
  • Beziehungsprobleme
  • das Gefühl hilflos zu sein und nichts ändern zu können 

Diese können aber auch Ursachen für geistige und körperliche Probleme darstellen. Bei der DAK-Forsa-Umfrage 2011, gaben 100 Kinder- und Jugendärzte Auskunft über diese Ursachen. An vorderster Stelle stand der intensive Medienkonsum, dicht gefolgt von mangelnder Bewegung, einer ungesunden Ernährung und den Eltern, die als negatives Vorbild fungieren. Dieser intensive Medienkonsum führt nicht nur zu körperlichen und geistigen Problemen, sondern auch zu Problemen in der Schule. Gerade in Baden-Württemberg sind die schulischen Anforderungen hoch angesetzt. Die GFK-Studie von 2015 zeigt beispielsweise, dass über die Hälfte der Schüler*innen in Baden-Württemberg unter einem zu hohen Leistungsdruck stehen. Der Leistungsdruck hängt wiederum sehr nah mit Stress zusammen. Infolgedessen litten, nach dem DAK-Präventionsradar von 2017, knapp ein Viertel der befragten Schüler*innen wöchentlich und ca. 30% monatlich an Kopfschmerzen. Weitere regelmäßig auftretenden Symptome sind Rückenschmerzen, Schlafstörungen und Bauchschmerzen. Aber auch psychische Probleme kommen immer häufiger vor. Die Anzahl der Jugendlichen, die sich in stationärer Behandlung befinden, steigt seit 20 Jahren dauerhaft an. Professor Schulte-Körne (2000), der Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in München meint: „Es ist ein hoher Bedarf, dass die Schule sich dieser neuen Herausforderung (Stress und damit einhergehende psychische Belastungen) stellt und Formen findet…damit adäquat umgehen zu können.“                             

 

Stressregulation: Achtsamkeitstraining

All diesen Warnsignalen und Symptomen sollte man entgegenwirken, indem alle Menschen achtsamer miteinander und mit sich selbst umgehen. Dafür wurden spezielle Achtsamkeitstrainings entwickelt. 

Mit gutem Beispiel geht die Elisabeth-Schule in Frankfurt voran. Sie unterrichtet mittlerweile Achtsamkeit als Schulfach. Denn Forschungsergebnisse zeigen, dass sich dadurch Gehirnstrukturen im positiven Sinne verändern. Außerdem reduzieren sie Symptome und Beschwerden wie Stress, Schmerzen und Leid. Sie verringern (Bewertungs-) Angst, Depressionen, Schlafstörungen sowie Entzündungen. Dafür stärken sie das Immunsystem und die Zufriedenheit und fördern sowohl kognitive Fähigkeiten, wie z.B. Konzentration, als auch (selbst-)fürsorgliches Verhalten, Empathie und Beziehungen. 

Neben den erfolgreichen Aufmerksamkeitstrainings können folgende Aspekte Stress entgegenwirken:

  • Dankbarkeit
  • Humor
  • das Pflegen von Beziehungen
  • Bewegung und Sport, vor allem in der Natur
  • Musik hören
  • Entspannung und ausreichend Schlaf
  • 2 Stunden vor Zubettgehen digitalen Medienkonsum einschränken
  • eine möglichst frische, naturbelassene, mit wenig Zucker und Fertigprodukten enthaltene Ernährung 

 

Als Vorreiter der Achtsamkeitstrainings zählt die USA. Dort ist dieses Verfahren gerade beim Schulpersonal sehr beliebt. Aber auch bei den Schülerinnen und Schüler gibt es viele positive Resultate, indem sie weniger häufig Stresssymptome zeigen, sich besser konzentrieren und dementsprechend auch bessere Leistungen in der Schule erzielen. Zudem wurde die emotionale Stabilität verbessert und es gab weniger Krankheitsfälle. 

Hast du schon Erfahrungen mit Achtsamkeitstrainings gesammelt? Falls nicht, gibt es zahlreiche Anwendungen im App-Store. Schau dich gerne mal um.                                                                                                                  

 

Exkurs: Auswirkung von Ernährung auf Stress und Gesundheit

Wie bereits oben genannt, hilft die richtige Ernährungsweise beim Entgegenwirken von Stress, weshalb man auf eine gesunde, naturbelassene und ausgewogene Ernährung achten sollte. Nicht nur Stress und Ernährung hängen miteinander zusammen, sondern auch die Ernährung und die körperliche und geistige Gesundheit. Forschungsergebnisse zeigen, dass Veränderungen in den epigenetischen Prozessen der Menschen zu sehen sind, die durch die Ernährung hervorgerufen wurden. Hierzu zählen unter anderem eine veränderte Darmflora sowie endokrine Disruptoren im Darm und Gehirn. Endokrine Disruptoren sind körperfremde Stoffe, die schon in geringen Mengen das Hormonsystem beeinflussen und die Gesundheit eines Menschen schädigen. Diese kommen beispielsweise in Energy Drinks vor, die Nervosität, Angstzustände, Schlaflosigkeit, Übelkeit, Kopfschmerzen, Schweißausbrüche, Wahrnehmungsstörungen, Bluthochdruck, Herzrasen, Herz-Rhythmusstörungen und einen Kreislaufkollaps als Nebenwirkung haben können. Diese Veränderungen führen zu einem Anstieg von Autismus, ADHS, Allergien und Lern- und Konzentrationsstörungen. 

Seit mehreren Jahrzehnten steigt zudem die Anzahl fettleibiger Personen stetig an. Dies bestätigt eine Studie des OECD aus dem Jahr 2017. Die Führung übernehmen die USA, wobei circa 40% der Bevölkerung fettleibig ist. Platz zwei belegt Mexiko und Platz drei England. Die Fettleibigkeit in Korea liegt gerade mal bei ca. 5%. Auch in Deutschland steigen die Fälle an Diabetes Typ 2 Erkrankten. 1980 waren 0,6% der Deutschen daran erkrankt, wobei es 2018 schon ganze 8% der Bevölkerung waren. 8% hört sich wenig an, waren 2018 aber über 6,5 Millionen Menschen. 

Denn laut der Langzeitstudie des Kaiser-Permanente-Instituts steht Fettleibigkeit sogar im Zusammenhang mit dem geistigen Abbau. So ist nach ihren Ergebnissen das Demenzrisiko bei Übergewichtigen 80% höher als bei Normalgewichtigen.

 

Eustress: Die positive Seite von Stress

Wie bereits zu Beginn erwähnt, kann sich Stress auch positiv und hilfreich auf den Körper auswirken. Denn bestimmte Stress-Situationen können uns sogar in Euphorie versetzen. In diesen Fällen spricht man von „positivem Stress“ oder auch „Eustress“. „Eu“ kommt vom Griechischen und bedeutet „gut“. Wir nehmen ihn nicht als Stress wahr, sondern im Gegenteil, es fühlt sich gut an und er beflügelt uns. Stress kann uns also motivieren und dazu bewegen, Leistung zu erbringen und eine Aufgabe zu verfolgen. Um also produktiv und gefordert zu sein, braucht man ein gesundes Maß an positivem Stress. Eustress hilft uns „am Ball zu bleiben". Wenn wir uns mit einer Aufgabe gerne beschäftigen, erzeugt der Eustress sogar eine erhöhte Konzentrations- und Leistungsfähigkeit. Beispielsweise wenn wir eine interessante berufliche Aufgabe, für die wir brennen, lösen müssen. Trotz des aufkommenden Zeit- und Leistungsdrucks sind wir umso leistungsfähiger. Auch eine Karussell- oder Achterbahnfahrt kann ein positiver Stressor sein. Wir sind möglicherweise aufgeregt, freuen uns auf das was kommt, haben aber auch ein bisschen Angst oder zumindest Respekt davor. Viele sprechen hier von einen „Adrenalinkick“, dem sie sich immer wieder gerne aussetzen. Um positiven Stress auszulösen, müssen wir aber gar nicht selbst aktiv sein. Auch ein spannender Film oder das Zuschauen beim Spiel seiner Lieblingsmannschaft kann dafür sorgen. Wir fühlen uns dabei als wären wir selbst die Hauptfigur im Film oder der Spieler/die Spielerin auf dem Feld und sind deshalb emotional so erregt und unter Stress. Jedoch zeigt sich dieser für uns als ein positives Gefühl. Ein Beispiel für einen positiven Stressor, den wir alle bestimmt schon mal erlebt haben, ist das Verlieben. Hierbei handelt es sich um einen biochemischen Prozess, der sich im menschlichen Gehirn abspielt und für die Dauer der Verliebtheit fortwährend anhält. Dieses unbeschreibliche Hochgefühl wird durch verschiedene Hormonausschüttungen vermittelt. Hinzu kommt, dass es bei verliebten Menschen zu einer erhöhten Ausschüttung des Stresshormons Noradrenalin kommt. Das Herz schlägt schneller und macht die verliebte Person aktiver und impulsiver, allerdings steigert es hier die Unkonzentriertheit und beeinträchtigt somit das (logische) Denkvermögen. Umgangssprachlich würde man sagen, dass beim Verliebtsein die Hormone verrücktspielen.

Aus unserer eigenen Erfahrung können wir ein weiteres Beispiel für Eustress nennen. Dieses bezieht sich auf die sportliche Betätigung und die daraus entstehende Überwindung eigener Hürden. Oftmals braucht es eine gewisse Motivation, um überhaupt mit dem Training anzufangen. Doch währenddessen werden wir beflügelt und angetrieben weiterzumachen. Ab einem gewissen Punkt haben wir unsere „Grenzen“ überschritten und wollen gar nicht mehr aufhören. Denn Adrenalin steigert die Leistungsfähigkeit des Herzens, während Cortisol im Verlauf des Trainings der Energiebereitstellung dient. 

Ein Problem gibt es beim positiven Stress jedoch auch. Er kann sich nämlich in negativen Stress umwandeln. Arbeiten wir beispielsweise in einem Job, den wir lieben, fällt es uns häufig schwer, uns abzugrenzen und wir machen eher Überstunden. Dann würden wir nie abschalten können und immer unter Strom stehen, was die Entstehung von chronischem Stress zu Folge haben kann.

 

  

Quellenangaben

 

Ärzteblatt. Ernährung und Psyche – Essen: Ein Wechselspiel zwischen Kopf und Bauch. Verfügbar unter https://www.aerzteblatt.de/archiv/24783/Ernaehrung-und-Psyche-Essen-Ein-Wechselspiel-zwischen-Kopf-und-Bauch [27.10.00]

https://www.wunderweib.de/positiver-stress-versus-negativer-stress-was-ist-der-unterschied-106593.html [Aufgerufen am 02.02.2022]

https://psylex.de/psychische-probleme/stress/eustress/ [Aufgerufen am 02.02.2022]

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