Was
ist „Intervallfasten?“
Woher kam der Hype? – Zu den Ergebnissen von Laborstudien an Mäusen und Ratten
Die prominentesten Effekte sind in großen Teilen
(noch) nicht durch Untersuchungen am Menschen nachgewiesen, es handelt sich um
Studienergebnisse von Versuchen mit Labormäusen und -ratten. So konnte an
Mäusen nachgewiesen werden, dass Intervallfasten das Risiko einer
Diabeteserkrankung reduziert, insbesondere durch die Reduktion des Fettanteils
der Leber. In den Tierversuchen konnte außerdem der Blutglucose- und
Insulinspiegel der fastenden Tiere gesenkt werden (vgl. Hofmann 2017). Die
steigende Lebensdauer, die mit dem Intervallfasten einhergehen soll, konnte
ebenfalls an Mäusen (und sogar an Hefepilzen) nachgewiesen werden. Dies ist
womöglich auf eine erhöhte Stressresistenz zurückzuführen, denn das Fasten
triggert adaptive zelluläre Stressantworten, was wiederrum vor Erkrankungen
schützen und Alterungsprozesse verlangsamen kann. Das verbesserte
Stressmanagement der Zellen soll darüber hinaus die Widerstandsfähigkeit von
Neuronen stärken. Bei männlichen Ratten wurde so die Verzögerung von altersbedingten
Beeinträchtigungen der Gehirnfunktionen begründet. Bei Mäusen, die 11 Monate
gefastet hatten, wurde ähnliches beobachtet. Die Fastenphasen sollen zudem die
Apoptose, also die Selbstzerstörung von geschädigten Zellen fördern, was das
Risiko an Krebs zu erkranken senken kann (vgl. Hofmann 2017).
Und beim Menschen?
Die Datenlage zur Beurteilung der
gesundheitlichen Wirkung des Intervallfastens ist noch relativ dünn. Bisher hat
sich allerdings gezeigt, dass die 5:2-Methode und eine herkömmlichen Reduktionsdiät
sich in ihrer Wirkung auf Gewicht und alle Stoffwechselparameter nicht
unterscheiden (vgl. Schübel et al. 2018). Eine andere Studie kam zum Ergebnis,
dass die 16:8-Methode keine Vorteile im Vergleich zu drei über den Tag
verteilten Mahlzeiten lieferte, weder im Hinblick auf eine Gewichtsreduktion,
noch bezüglich wichtiger Stoffwechselparameter (vgl. Lowe et al. 2020). Die
Ergebnisse einer anderen Studie, bei der jeden zweiten Tag gefastet wurde,
besagen, dass das Fasten einen positiven Effekt auf „eine Reihe biologischer
Werte, die im Zusammenhang mit Gesundheit und Langlebigkeit stehen“ (Albat 2019)
hat. Bei den angesprochenen Werten handelt es sich beispielweise um
Entzündungswerte und die Konzentration des Schilddrüsenhormons Triiodthyronin.
Um die Ergebnisse der Studie korrekt zu deuten, muss jedoch beachtet werden,
dass die Vergleichsgruppe sich über die Dauer der Studie keinen
kalorienreduzierenden Maßnahmen unterzogen hat. (vgl. Stekovic et al. 2019).
Vorteile gegenüber einer klassischen Kalorienreduktion lassen sich aus dieser
Studie somit nicht ableiten. In einer tschechischen Studie konnte jedoch der
positive Effekt des Fastens auf Menschen, die an Diabetes Typ 2 erkrankt sind,
nachgewiesen werden. Verglichen wurden die Aufnahme von zwei großen Mahlzeiten
(Frühstück und Mittagessen) mit der Aufnahme von sechs kleineren Mahlzeiten
über den Tag verteilt. Werte, wie beispielsweise das Körpergewicht, Leberfett-
und Blutzuckerwerte verbesserten sich signifikant (vgl. Kahelova et al. 2014).
Und jetzt?
Die bisher vorliegenden Ergebnisse zum
Intervallfasten fallen im Vergleich zur medialen Euphorie eher ernüchternd aus.
Der Leiter der genannten Studie zur 5:2-Methode Dr. Tilman Kühn sieht die Lage
dennoch positiv. Er schlussfolgert, dass Intervallfasten eine geeignete Methode
zur Gewichtsreduktion darstellt. Für viele Menschen ist es möglicherweise die
bessere Wahl als eine herkömmliche Kalorienreduktion, da das Fasten weniger komplex
in seiner Durchführung ist und das „Dranbleiben“ möglicherweise leichter fällt.
Auch zu dieser Hypothese mangelt es bisher noch an gesicherten Ergebnissen
(vgl. Eckert 2019). Hat man vor, sich gemäß einer intermittierenden Methode zu
ernähren, sollte man sich im besten Fall vorher ärztlich beraten lassen, denn
auch wenn das Intervallfasten für viele Menschen eine gute Wahl zur
Gewichtsreduktion darstellt, muss eine solche Entscheidung insbesondere bei
Vorerkrankungen wie z.B. Diabetes stets individuell abgewogen werden.
Intervallfasten
im Unterricht?
Um den Schülerinnen und Schülern
eindeutig die faszinierenden Wirkungen des Fastens auf den menschlichen Körper und
dessen Vorteile gegenüber gewöhnlichen Diäten aufzuzeigen, mangelt es aktuell
an wissenschaftlichen Belegen. Das Phänomen des Intervallfastens ist jedoch ein
optimales Beispiel, um eine wissenschaftlich orientierte Herangehensweise an
eine Thematik zu fördern und aufzuzeigen, dass auch populäre Meinungen und
scheinbar sichere Nachweise stets kritisch zu hinterfragen sind. Auch das
Untersuchen von Studien kann im Zuge der Thematik erprobt werden. An der
erwähnten Studie von Stekovic wird deutlich, dass es sich durchaus lohnt, den
Aufbau einer Studie genauer zu betrachten, um daraus Rückschlüsse für eine
sachgerechte Interpretation der Studienergebnisse zu ziehen. Es bleiben also
viele Fragen offen. Da in den nächsten Jahren jedoch mit einigen neuen
Erkenntnissen zum Intervallfasten gerechnet werden kann, bleibt der Sachverhalt
spannend.
Literaturverzeichnis
Albat, D. (2019): Was bringt
Intervallfasten?
Online
im Internet: https://www.wissenschaft.de/gesundheit-medizin/was-bringt-intervallfasten/
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Backes, G.
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Eckert, N. (2019): Intervallfasten:
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Hofmann, L. (2017): Intervallfasten.
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im Internet: https://www.bzfe.de/fileadmin/resources/import/pdf/online_spezial_7_2017_intervallfasten.pdf [letzter Zugriff: 24.01.22]
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Kaaks, R.; Kühn, T. (2018): Effects of intermittent and continuous calorie
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trial.
Online im Internet: https://academic.oup.com/ajcn/article/108/5/933/5201451
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Tripolt, N.; Aon, M.; Royer, P.; Pein, L.; Stadler, J.; Pendl, T.; Prietl, B.;
Url, J.; Schroeder, S.; Tadic, J.;
Eisenberg, T.; Magnes, C.; Stumpe, M.; Zuegner, E.; Bordag, N.; Riedl, R.; Schmidt,
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Madeo, F. (2019): Alternate Day Fasting Improves Physiological and Molecular
Markers of Aging in Healthy, Non-obese Humans.
Online im Internet: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1550413119304292
[letzter Zugriff: 24.01.22]
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: https://www.aerzteblatt.de/archiv/205110/Intervallfasten-Essen-mit-Blick-auf-die-Uhr
[letzter Zugriff: 24.01.22]
Abbildung
2: https://www.spiegel.de/gesundheit/ernaehrung/intervallfasten-was-wissenschaftlich-ueber-die-diaet-bekannt-ist-a-1283881.html#bild-6669be5f-0001-0004-0000-000001462788
[letzter Zugriff: 24.01.22]
Hallo Anja,
AntwortenLöschenvielen Dank für deinen interessanten Beitrag. Ich selbst habe bereits schonmal Intervallfaste über einen festgelegten Zeitraum gemacht, da ich auch von den positiven Wirkungen gehört hatte und Bekannte von mir gute Erfahrungen damit gemacht haben. Bei meiner Oma beispielsweise hat es sich positiv auf den Blutdruck ausgewirkt. Ich finde es spannend, dass es nur sehr wenige, wissenschaftliche Belege für den tatsächlichen, positiven Effekt von Intervallfasten gibt. Mir kommt hierbei der Gedanke, dass man das Thema Diät auch mit dem Thema „FakeNews“ kombinieren könnte. Heutzutage sind Zeitschriften voll mit Ernährungs- und Diättipps. Wenn man da mal genauer hinschauen würde, worauf sich einige Artikel stützen, wäre dies bestimmt spannend. Es könnte dazu beitragen, dass die Schüler*innen Artikel nicht direkt glauben, sondern Quellen zuerst kritisch hinterfragen.
Liebe Grüße Annika
Hallo Annika,
Löschenes freut mich zu hören, dass das Fasten bei deiner Oma einen so positiven Effekt hatte. Und ja, es hat auch mich überrascht, wie dünn die Datenlage zum Intervallfasten tatsächlich ist. Als ich mich, nachdem ich das Thema ausgewählt hatte, zum ersten Mal näher mit der theoretischen Fundierung des Themas auseinandergesetzt hatte, war ich beinahe geschockt, weil ich bei der medialen Aufmerksamkeit, die dem Fasten zugetragen wird, wesentlich mehr erwartet hatte. Ich bin gespannt, was sich da in den nächsten Jahren noch tut. Dein Vorschlag, das Thema Fake News mit einzubringen, bzw. das Thema Intervallfasten darin zu verorten, gefällt mir sehr gut. Denn gerade dieses Beispiel zeigt auf, wie genau man hinschauen sollte, bevor man "erwiesene" Effekte für bare Münze nimmt.
Vielen Dank für deinen Kommentar!
Liebe Grüße Anja
Hallo Anja,
AntwortenLöschenIntervallfasten ist meiner Meinung nach ein sehr aktuelles Thema, danke also für diesen spannenden Blogbeitrag!
Besonders interessant fand ich, wie Annika bereits erwähnt hat, die geringe Anzahl von wissenschaftlichen Belege für einen tatsächlich positiven Effekt von Intervallfasten.
Ich selbst habe auch schon 16-8 ausprobiert und kann von positiven Erfahrungen berichten. Es fiel mir leichter auf „unnötige“ Zwischenmahlzeiten zu verzichten und nicht aus Langeweile zu Essen, da der „Ess-Zeitraum“ schon vorbei war oder noch nicht angefangen hatte. Hat man sich einmal an das Uhrzeitenmodell gewöhnt, passt sich der Hunger auch an, zu Beginn fand ich es aber sehr schwer die 16 Stunden auszuhalten.
Zu der Frage ob man Intervallfasten im Unterricht thematisieren sollte, bin ich der Meinung, dass es, je nach Altersstufe, sehr wichtig ist über verschiedene Ernährungsweisen und Diäten zu sprechen. Die Jugendlichen werden tagtäglich mit Tipps und Tricks zur „perfekten“ Figur konfrontiert, warum also nicht im Unterricht Klarheit darüber schaffen. Ich könnte mir vorstellen eine Gruppenarbeit zum Thema Diäten/ Gewohnheiten durchzuführen, jede Gruppe bekommt eine zugeteilt und soll die Vor- und Nachteile recherchieren und anschließend im Plenum präsentieren. Eine Ausstellung im Schulgebäude könnte auch zu mehr Aufklärung führen.
Liebe Grüße
Yeliz