Donnerstag, 20. Januar 2022

Wie ein Lebensmodell Anwendung an SBBZ’s finden kann

Oft wird im Zusammenhang mit der Arbeit an den SBBZ’s von den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten der SchülerInnen gesprochen und wie diese am besten gefördert werden können, um ein selbstständiges und gesundes Leben zu ermöglichen. Doch soll die Individualität der SchülerInnen erfasst werden, ist dies eine große Herausforderung und verlangt eine intensive Auseinandersetzung mit dem/der SchülerIn. Die Individualität stellt ein komplexes Gefüge aus verschiedenen Einflüssen dar, welches schwer zu fassen ist. Um diese trotzdem einordnen zu können, wird im Folgenden das Lebensmodell nach Roper, Logan und Tierney auf die Arbeit am SBBZ übertragen.


Das Lebensmodell wurde von Nancy Roper, Winifred Logan und Alison Tierney entworfen, welche viele Jahre in der Pflege gearbeitet und sich intensiv mit der Verbesserung der professionellen Pflege auseinandergesetzt haben. Die verschiedenen Konzepte des Lebensmodells sollen dabei hilfreich sein, die Individualität eines Menschen zu erfassen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Komplexität des Lebens auf keinen Fall nur durch ein Modell beschrieben werden kann. Das Modell setzt sich aus fünf Konzepten zusammen, welche eng miteinander verknüpft sind und sich gegenseitig beeinflussen. Diese gegenseitige Beeinflussung der Konzepte wird besonders gut in Abbildung 1 dargestellt.

Im Mittelpunkt des Modells steht das Konzept der Lebensaktivitäten (LA’s). Die LA’s stellen die verschiedenen Aktivitäten dar, welche den komplexen Prozess des Lebens maßgeblich ausmachen. Die Konzepte Lebensspanne, Abhängigkeits-/ Unabhängigkeitskontinuum und beeinflussende Faktoren werden jeweils mit den LA’s in Beziehung gesetzt, wodurch sich das fünfte Konzept, die Individualität im Leben, ableitet. Jede der zwölf LA’s erscheint sehr komplex und fächert sich in mehrere Dimensionen, wobei die LA’s auch miteinander in Beziehung stehen. Die LA Atmen zum Beispiel ist mit allen anderen LA’s eng verbunden, da ohne sie keine der anderen LA’s ausgeführt werden kann.

Das Konzept der Lebensspanne unterteilt das Leben jedes Menschen in verschiedene Phasen. Diese Phasen reichen von der Geburt, über das Säuglingsalter, die Kindheit, die Adoleszenz, das Erwachsenen- und Rentenalter bis hin zum Tod, wobei nicht jeder Mensch alle Phasen durchlebt. Die Lebensphasen verlaufen bei allen Menschen in der gleichen Reihenfolge, auch wenn nicht jede Phase genau gleich lang dauert. Bei den SchülerInnen an den SBBZ’s muss mit in Betracht gezogen werden, dass geistiges und körperliches Alter nicht unbedingt kongruent sind und daher zum Beispiel auch Merkmale aus der Kindheitsphase in der Phase der Adoleszenz eine Rolle spielen.

Die Faktoren, welche insbesondere die LA’s beeinflussen, werden ebenfalls als ein Konzept beschrieben, welches in Verbindung zu allen anderen Konzepten steht. Die biologischen, psychologischen, soziokulturellen, umgebungsabhängigen und wirtschaftspolitischen Faktoren beeinflussen Menschen maßgeblich darin, wie sie LA’s ausführen.


Das Konzept des Abhängigkeits-/Unabhängigkeitskontinuums steht in enger Verbindung zu den LA’s und der Lebensspanne, sowie den beeinflussenden Faktoren und stellt dar, inwiefern ein Mensch eine LA selbständig ausführen kann. Die selbständige Ausführung jeder LA wird im Spannungsfeld zwischen „vollständige Abhängigkeit“ bis „vollständige Unabhängigkeit“ [1; S.74] bewertet und kann immer wieder neu evaluiert werden. Wird diese Beurteilung in regelmäßigen Abständen durchgeführt, lassen sich Verbesserungen oder Verschlechterungen sehr gut erkennen. Bei der Anwendung an SBBZ’s muss beachtet werden, dass nicht jedes Kind die Möglichkeit hat die vollständige Unabhängigkeit in den einzelnen LA‘s zu erreichen. Unterstützungsangebote müssen demnach daran orientiert sein, den SchülerInnen ein größtmögliches Maß an Unabhängigkeit zu ermöglichen, wobei auch eine „unterstützte Unabhängigkeit“ [1; S.75] erstrebenswert ist. Beispielsweise in der LA Essen und Trinken ist es bedeutsam über das Wissen zur Auswahl und Zubereitung gesunder Nahrung zu verfügen und dieses Wissen auch anwenden zu können. Hierbei können die SchülerInnen durch den gemeinsamen Kochunterricht unterstützt werden, indem auf ausgewogene und gesunde Gerichte Wert gelegt wird. Die Verwendung der einzelnen Zutaten und die benötigten Schritte können beispielsweise durch eine Anleitung, wie in Abbildung 2, verdeutlicht werden. Durch das gemeinsame Auswählen und Durchführen erreichen die SchülerInnen eine „unterstützte Unabhängigkeit“, da sie durch die Lehrkräfte ein Stück unabhängiger werden, dabei aber auf die Unterstützung angewiesen sind.
Abb. 2: https://uk-leicht.blogspot.com/search?q=rezept

Das fünfte Konzept, die Individualität im Leben, steht unter dem Einfluss der oberen vier Konzepte und kann als Ergebnis davon gewertet werden. Die Individualität eines Menschen äußert sich beispielsweise darin, welche Haltung er/sie gegenüber einer LA hat, wo er/sie eine LA durchführt oder wann er/sie eine LA durchführt.

Werden alle fünf Konzepte berücksichtigt, ergibt sich also ein relativ gutes Bild des einzelnen Individuums. Darauf aufbauend können Maßnahmen festgelegt werden, welche den einzelnen SchülerInnen gerecht werden und zu einem selbstständigen und gesunden Leben beitragen. Was meint ihr zu der Verwendung dieses Modells? Könnte es eventuell hilfreich sein oder macht es die Einschätzung der SchülerInnen nur noch komplizierter?

Literaturverzeichnis

[1] Roper, N., Logan, W., & Tierney, A. (2009). Das Roper-Logan-Tierney-Modell (Bd. 2.). (M. Mischo-Kelling, Hrsg.) Bern: Hans Huber.

 

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: https://sites.google.com/site/roperlogantierneytheory13/team-sponsors (am 15.01.2022)

Abb. 2: https://uk-leicht.blogspot.com/search?q=rezept (am 19.01.2022)

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