Freitag, 28. Januar 2022

Natürliche Verhütung – Die symptothermale Methode

 

„Sie haben die Pille abgesetzt. Wollen sie schwanger werden?“

 

„Natürliche Verhütung? Das ist doch viel zu unsicher!“


Dies sind nur zwei der vielen Reaktionen, die ich von Bezugspersonen oder der Frauenärztin bekam, als ich mit ihnen über natürliche Verhütung sprach.

In den letzten Jahren wurde in meinem Freundeskreis und in den sozialen Medien das Thema hormonfrei Verhüten immer populärer. Viele junge Frauen setzen die Pille ab und wechseln auf alternative Methoden der Empfängnisverhütung. Andere wollen sie absetzen, haben jedoch einige Fragen und Unsicherheiten.
In diesem Blogbeitrag möchte ich die symptothermale Methode genauer beleuchten, mit einigen Vorurteile aufräumen und dazu ermutigen den Schritt zu hormonfreien Verhütung zu wagen.


 

Pearl-Index

Zu Beginn eine kurze Einordnung bzgl. der Methodensicherheit von Verhütungsmitteln. Diese wird mittels des Pearl-Indexs angegeben. Er gibt Auskunft darüber, wie viele von 1000 Frauen innerhalb eines Jahres unter Verwendung des gleichen Verhütungsmittels schwanger werden. Bedeutet je niedriger der Wert, desto sicherer ist das Verhütungsmittel.
Auf der Homepage von pro familia (profamilia.de: Pearl-Index) ist der Pearl-Index von verschiedenen Verhütungsmitteln angegeben. Der Pearl-Index für die symptothermale Methode liegt hier bei 0,4–1,8. Zum Vergleich: Die Pille hat einen Pearl-Index von 0,1-0,9 und das Kondom von 2-12.
Die symtothermale Methode ist somit nicht unsicherer als gängige Verhütungsmethoden und sogar sicherer als ein Kondom.


 
Die symptothermale Methode

Die symptothermale Methode basiert auf der Analyse der physiologischen Veränderungen des Menstruationszyklus. Dies beinhaltet das Beobachten des Zervixschleims oder des Muttermundes (sympto) und das Messen der Basaltemperatur (thermal). Um diese Körpersignale richtig deuten zu können, ist das Erlernen der Methode, sowie das Kennenlernen des eigenen Körpers essenziell (Arbeitsgruppe NFP 2018, S. 10f.). Es gibt unterschiedliche Wege sich die Methode anzueignen. Zwei Beispiele sind: das Buch der Arbeitsgruppe NFP (natürliche Familienplanung) mit dem Titel „Natürlich und sicher“ oder das Lernen in einem Kurs bei einer NFP Beraterin. Beraterinnen können gefunden werden auf www.nfp-online.de. 



Der Menstruationszyklus
Um die Methode sicher anwenden zu können, muss man den weiblichen Zyklus und dessen Vorgänge im Körper versehen.
Der Zyklus besteht aus zwei Phasen, wobei die erste eine individuelle Länge hat (Follikelphase) und die zweite (Lutealphase) bei gesundem Zyklus zwischen 12 und 16 Tagen liegt.
 


Abbildung 1: Der Menstruationszyklus (MenstrualCycle de - Menstruationszyklus – Wikipedia)


Die erste Phase beginnt am ersten Tag der Blutung und endet mit dem Eisprung. Die zweite Phase geht vom Eisprung bis einschließlich dem letzten Tag vor der nächsten Blutung.
Die Eireifung wird durch das follikelstimulierende Hormon (FSH) angeregt. Mit den wachsenden Eibläschen werden auch immer mehr Östrogene produziert. Daraufhin wird Gebärmutterschleimhaut aufgebaut, der Muttermund öffnet sich und der Zervixschleim wird klarer und dünnflüssiger. Diese Vorkehrungen trifft der Körper, um die Spermien auf dem Weg in die Eileiter zu unterstützen. Wird genug Östrogen produziert, so werden Drüsen angeregt, welche das luteinisierende Hormon (LH) ausschütten und es kommt zum Eisprung. Das leere Eibläschen (sogenannter Gelbkörper) produziert das Hormon Progesteron, welches im Gehirn die Ausschüttung von FSH und LH hemmt und einen Anstieg der Körpertemperatur verursacht. Die Eizelle ist nach dem Eisprung 12-18 Stunden unbefruchtet überlebensfähig, bevor sie vom Körper abgebaut wird.
Nach dem Eisprung sinkt also das Östrogen rasant ab und das Progesteron steigt. Der Muttermund wird wieder härter und schließt sich und der Zervixschleim wird dickflüssiger. Bei der nächsten Periode wird die aufgebaute Gebärmutterschleimhaut wieder ausgeschieden (Schenke 2021, S. 25 ff.). Da die zweite Zyklusphase gesunder Frauen 12-16 Tage andauert, und hier das Progesteron bis zum Eintritt der Periode die Temperaturkurve nach oben verschiebt, kann bei einer zweiten Zyklusphase ab einer Länge von 18 Tagen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von einer Schwangerschaft ausgegangen werden (Arbeitsgruppe NFP 2018, S. 32).


Anwendung der Methode

Die zyklusbedingten Veränderungen von Temperatur und Zervixschleim (oder Muttermund) können zur Bestimmung der Fruchtbarkeit ausgewertet werden. Die ermittelten Werte werden in einem Zyklusblatt oder einer App (Bsp.: myNFP oder Ovy) dokumentiert. Jeden Tag wird die Konsistenz des Zervixschleims geprüft. Die beste Qualität (flüssig) hat er kurz vor dem Eisprung. Werden danach drei Tage schlechterer Qualität (dickflüssiger) festgestellt, gilt das erste der beiden Symptome als ausgewertet. Ebenso wird jeden Morgen nach dem Aufwachen und vor dem Aufstehen die Körpertemperatur auf zwei Nachkommastellen gemessen (rektal, vaginal oder oral) und auch diese Werte eingetragen. Folgen auf den höchsten gemessenen Temperaturwert zwei weitere hohe, so gilt auch das zweite der beiden Symptome als ausgewertet. Nur wenn beide Symptome ausgewertet sind, kann man davon ausgehen, nicht fruchtbar zu sein.
Auf Abbildung 2 ist ein ausgewerteter Zyklus sichtbar. Der Zervixschleim wurde am 27. Zyklustag ausgewertet und die Temperatur am 28. Somit kann ab dem Abend des 28. Zyklustages von „nicht fruchtbar“ ausgegangen werden. Weitere Zeichen des Körpers über die Zyklusphase können Brustsymptome, Mittelschmerz, Zwischenblutung und Veränderungen der Libido sein. Diese allein reichen aber für eine zuverlässige Bestimmung der Zyklusphase nicht aus und dienen allenfalls als Orientierung für die menstruierende Person (Arbeitsgruppe NFP 2018, S. 36ff.).

Abbildung 2: Zyklusblatt (Arbeitsgruppe NFP 2018, S. 88).


Laut Arbeitsgruppe NFP (2018) gilt die symptothermale Methode nur dann als regelkonform angewendet, wenn in den fruchtbaren Phasen auf Geschlechtsverkehr verzichtet wird. Verhütet man in diesen Phasen z.B. mit einem Kondom, muss vom Pearl-Index des Kondoms ausgegangen werden.
Des Weiteren können die Temperatur (z.B. bei einer Erkältung) sowie der Zervixschleim (z.B. nach dem Sex) Störfaktoren (auf dem Zyklusblatt ist an Tag 15 die Temperatur geklammert) unterliegen, die es zu erkennen und korrekt einzutragen gilt (Arbeitsgruppe NFP 2018, S. 84f.).

 

Fazit

Dieser Blogbeitrag liefert einen kurzen Einblick und soll dazu ermutigen, sich mit dem Thema hormonfreie Verhütungsmethode auseinanderzusetzen. Die symptothermale Methode erfordert zum einen Wissen, welches sich anzueignen gilt und zum anderen, dass man sich ausführlich mit dem eigenen Körper auseinandersetzt. Aber ist das ein zu hoher Preis dafür, dass man den eigenen Zyklus versteht, lernt sich auf ihn zu verlassen und vor allem keine Hormonpräparate nehmen muss, um sicher zu verhüten? Allein um individuelles Zykluswissen aufzubauen, lohnt es sich, sich mit der Methode zu befassen.

Wie denkt ihr nach dem Blogbeitrag über die Methode und könnt ihr euch vorstellen sie selbst auszuprobieren? 
Oder seid ihr oder eure Partnerin bereits Anwenderinnen?



 

Literatur:

pro familia. Verhütung. Pearl-Index: https://www.profamilia.de/themen/verhuetung/pearl-index/, zuletzt zugegriffen am 07.12.21 um 10:00 Uhr.

Arbeitsgruppe NFP (2018): Natürlich und sicher. Das Praxisbuch. Familienplanung mit Sensiplan. 20. Auflage. Stuttgart: TRIAS Verlag in Georg Thieme Verlag KG.

Schenke, Petra (2021): Kenne deinen Zyklus. Der schnelle Einstieg in die Geheimnisse des weiblichen Körpers. 1. Auflage. München: Verlag Komplett-Media GmbH.

 

Abbildungen:

Abbildung 1:

https://de.wikipedia.org/wiki/Menstruationszyklus#/media/Datei:MenstrualCycle_de.svg, zuletzt zugegriffen am 11.02.22 um 15:48 Uhr.

Abbildung 2:

Arbeitsgruppe NFP: Natürlich und sicher. Das Praxisbuch. Familienplanung mit Sensiplan. 20. Auflage 2018. TRIAS Verlag in Georg Thieme Verlag KG: Stuttgart. 



4 Kommentare:

  1. Hallo Livia,

    Zunächst einmal möchte ich dir mitteilen, dass du dir ein richtig interessantes und vor allem auch wichtiges Thema für deinen Blog-Beitrag ausgesucht hast. Es ist ja zur Zeit wirklich so, dass sich immer mehr junge Frauen gegen die Pille entscheiden oder diese absetzen. Viele Influencerinnen berichten beispielsweise davon, wie sie das Absetzen der Pille erlebt haben.

    Ich persönlich denke, dass man sich bei der Entscheidung für/gegen ein Verhütungsmittel oder für/gegen eine Verhütungsmethode erst einmal gut informieren sollte und zweitens, dann in Absprache mit dem Partner eine wohlüberlegte Entscheidung treffen sollte. Jede Methode hat seine Vor- und Nachteile. Die Pille ist zwar einfach und sicher in der Anwendung, kann aber (zum Teil auch schwere) Nebenwirkungen haben und darf nicht vergessen werden. Die symptothermale Methode hat keine Nebenwirkungen und ist fast so sicher wie die Pille, ist aber auch aufwändiger und erfordert ein höheres Maß an Disziplin und Wissen. Beide Methoden schützen (anders als das Kondom) nicht vor sexuell übertragbaren Krankheiten (STI).
    Ich finde es schade, dass man vom Frauenarzt oder in der Schule im Rahmen des Biologieunterrichtes nicht über alternative Verhütungsmethoden, wie die von dir vorgestellte symptothermale Methode, aufgeklärt wird. Dabei hätte dies hinsichtlich des niedrigen Pearl-Indexes durchaus seine Berechtigung. Als ich mein erstes Gespräch beim Frauenarzt hatte, wurde mir gleich die Pille als das Mittel erster Wahl vorgestellt. Ich denke ich hätte es gut gefunden, mehr zu erfahren. Ich würde es begrüßen, wenn mehr über das Thema und verschiedene Möglichkeiten der Empfängnisverhütung gesprochen werden würde. Vielleicht schaffen wir es ja mal als Bio-Lehrerinnen die Diskussion für das Thema im Unterricht zu öffnen :)
    Danke für deinen interessanten Beitrag! Liebe Grüße,
    Stefanie

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  2. Liebe Steffi,
    viele Dank für deine Gedanken zu meinem Thema. Du hast natürlich recht! Die symptothermale Methode schützt nicht vor STI. Das ist auf jeden Fall ein wichtiger Punkt, den man beachten muss.
    Disziplin, Eigenverantwortung und Selbstvertrauen sind sehr wichtig bei der Methode. Das ist sicherlich auch ein Grund, warum sich viele nicht ran trauen. Das und der Mythos, die Methode sein nicht sicher genug. Oft erlebe ich es, dass sich Frauen anfangen mit der symptothermalen Methode zu beschäftigen, wenn sie positive Erfahrungen nicht nur lesen, sondern von Freundinnen aus erster Hand mitbekommen.
    Ich bin sehr gespannt, wie sich die Verhütungstrends in den nächsten Jahren entwickeln und hoffe, dass es diese tolle Methode in noch mehr Haushalte schaffen wird und die Frauen davon profitieren :)

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  3. Hallo Livia,
    danke für deinen Beitrag. Das Thema ist sehr zeitgemäß und ich finde es sehr interessant, muss aber ehrlich sagen dass die Verhütungmethode verglichen mit anderen Methoden doch sehr aufwendig erscheint. Ich bin zum Beispiel ein relativ vergesslicher Typ, weshalb ich mir nicht einmal die Pille zutraue :D und denke dass die Methode für mich aus dem Grund leider nichts wäre, zumindest nicht während des Ziels nicht schwanger zu werden. Naja, aber es sind ja zum Glück nicht alles wie ich und ich denke auch bezogen auf übertragbare Krankheiten bietet sich die Methode nur für eine monogame Beziehung an in der sich beide Partner haben testen lassen auf Krankheiten. Was ich aber sagen muss, dass ich den Pearl-Index deutlich höher eingestuft hätte. Vermutlich würde ich aber eher auf eine hormonfreie Methode wechseln wie den Kupferring oder die Spirale. Finde den Beitrag in jedem Fall sehr wichtig.

    LG Elly

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  4. Liebe Livia,

    ich finde das Thema deines Blogbeitrages super spannend. Vor ungefähr zwei Jahren habe ich mich mit diesem Thema befasst, als ich die Pille absetzen wollte. Damals habe ich einen Termin mit meiner Frauenärztin ausgemacht, da ich mir eine Beratung hinsichtlich alternativer – und hormonfreier Verhütungsmethoden gewünscht habe. Ich habe die Pille seit meinem 16. Lebensjahr genommen und mir damals nur wenig Gedanken darüber gemacht, welche Wirkungen diese auf meinen Körper und den Zyklus hat. So gut wie alle meinen Freundinnen haben damals die Pille genommen und auch von den Gynäkolog*innen wurde es als einzig sichere Verhütungsmethode angepriesen. Über mögliche Nebenwirkungen wurde man nur am Rande aufgeklärt. Als ich mich nun, nach ca. 10 Jahren doch dafür entschieden habe die Pille abzusetzen, musste ich feststellen, dass sich hinsichtlich der Beratung bei Frauenärzten nicht viel geändert hatte. Meine damalige Frauenärztin hat mir sehr deutlich gesagt, dass ausschließlich hormonelle Verhütungsmittel einen wirklichen Schutz vor einer ungewollten Schwangerschaft bieten würden und wollte mir direkt ein anderes hormonelles Verhütungsmittel anbieten. Das hat mich wirklich verärgert. Daraufhin habe ich mich eigenständig informiert und eine hormonfreie Alternative gefunden, mit der ich mich wohlfühle. Die symptothermale Methode hatte ich mir in diesem Zug auch genauer angeschaut, fand diese allerdings wie meine Vorrednerinnen etwas zu aufwendig.

    Ich finde es super wichtig, dass junge Mädchen aber auch Jungen über verschiedene Verhütungsmethoden aufgeklärt werden und wünsche mir auch von den Frauenärzten dahingehend eine andere Beratung. Ich denke, die Pille wird oft als einfachste und sicherste Methode angepriesen, allerdings werden dazu auch kaum Alternativen aufgezeigt und deren Nebenwirkungen thematisiert. Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Zyklus finde ich zudem unabhängig von der gewählten Verhütungsmethode wichtig, weshalb diese unbedingt im Biologieunterricht thematisiert werden muss. Wie bereits in einigen Kommentaren zuvor schon angesprochen wurde, ist natürlich auch der Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten sehr wichtig und muss ebenfalls Teil des Unterrichts sein.

    Liebe Grüße
    Christina

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